kurzkritik: „purple hearts“ in der villa ichon
: Eindrücklich erzählte Anklage

Vom Hirschgeweih an der Wand baumelt noch die silberne „Hundemarke“ des GI, auch die alte Uniformütze hat hier Platz gefunden. Gleich darunter prangt das Bild des stolzen Soldaten, ein Bild aus besseren Tagen, und ein paar andere Reliquien haben auch hier Platz gefunden. Jeremy Feldbusch kann all das nicht mehr sehen, der 24-Jährige ist blind, seit er im Irak von einem Artillertiegeschoss getroffen wurde. Und hirngeschädigt. Fast drei Jahre ist das jetzt her. Aber für ihn kein Grund zu hadern – nicht mit dem Krieg, nicht mit dem früheren Arbeitgeber, nicht mit der US-amerikanischen Politik: „Ich bereue nichts. Ich hatte meinen Spaß da unten.“

So wie Feldbusch geht es vielen der 18 Irakkriegsveteranen, deren Portraits derzeit in der Ausstellung „Purple Hearts“ in der Villa Ichon zu sehen und zu lesen sind. Menschen in Zivil, auf dem Sofa sitzend, die Gesten unheroisch. Befragt und fotografiert hat sie die New Yorkerin Nina Berman – und dafür den World Press Photo Award bekommen. Es ist der Versuch, herauszufinden, was jeden Einzelnen bewogen hat, freiwillig in diesen Krieg zu ziehen. Zu erfahren, was aus ihrem Leben geworden ist.

Es ist eine Anklage gegen den Krieg, freilich, gegen seine Rekrutierer insbesondere. Aber sie kommt ohne den erhobenen Zeigefinger aus. Sehr erfreulich. Und trotzdem ist alles gesagt. Die Ausstellung, sie hat ist zu recht ausgezeichnet. Nicht weil die Fotos extraordinär wären. Sondern wegen der Geschichten, die nebenbei erzählt werden. Jan Zier

Bis zum 17. Februar in der Villa Ichon