WELTSOZIALFORUM UND COLA-BOYKOTT: GLOBALISIERUNGSKRITIK HEUTE
: Eine Welt, viele Antworten

Die globalisierungskritische Bewegung hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Zu Beginn war es noch etwas Neues, sich weltweit zu vernetzen und auf Weltsozialforen linke Theorien zum Umgang mit der globalisierten Welt zu entwerfen. Man wiegte sich in der Illusion, ein neuer Internationalismus entstehe allein schon durch die Beschäftigung mit Internationalem.

Heute sind die Globalisierungskritiker klüger. Die Welt ist nicht monolithisch, und je mehr Länder von Opfern zu Akteuren der Globalisierung werden, desto vielfältiger werden die Perspektiven, Probleme und Kontroversen. Vieles verbindet Bauern in Polen und Guinea; vieles verbindet Konsumenten in Nordamerika und Ostasien. Aber oft genug dominiert das Trennende: unterschiedliche Interessen bei der Ausgestaltung der internationalen Arbeitsteilung oder der globalen Rohstoffmärkte, gegensätzliche Identitäten im Nebeneinander von Kulturkreisen. Diese Vielschichtigkeit zu negieren hieße, genau den Fehler der Einförmigkeit zu wiederholen, der an der Globalisierung so häufig kritisiert wird.

Dass sich das jährliche Weltsozialforum jetzt „polyzentrisch“ auf unterschiedlichen Kontinente verteilt, statt von einem einzigen Ort aus die Welt erklären zu wollen, ist ein Fortschritt. Und auch bei der Frage, was einzelne Verbraucher tun können, um Ungerechtigkeiten der Weltwirtschaft etwas entgegenzusetzen, bringen Hinweise auf Unterschiede mehr als der Versuch, alles über einen Kamm zu scheren. So speisen sich Verbraucherboykotte gegen einen multinationalen Konzern in unterschiedlichen Ländern aus unterschiedlichen Motiven – in Ägypten sind das andere als in Kolumbien oder den USA. Während Coca-Cola für manche Symbol imperialistischer Unterdrückung ist, sehen andere darin ein Stück Emanzipation von traditionalistischer Borniertheit. Keine Protestbewegung kann in allen Ländern der Welt mit der gleichen Parole punkten – so wie kein Produkt weltweit mit derselben Werbung ankommt.

Globalisierung heißt eben auch, dass Differenzen schärfer zum Ausdruck kommen als früher. Das als Reichtum zu werten ist Zeichen eines wahren Internationalismus. DOMINIC JOHNSON