IM AUSLAND
: De rien, Monsieur

Ich bekomme einen roten Kopf, den sie nicht sehen kann, weil das Licht dunkel ist

Die traumschöne Frau sagt „Voilà, Monsieur!“, zwinkert und stellt das Getränk auf den Tresen, den man nur so nennen kann, wenn man sich das Brett als Tresen träumt. Ich gebe ihr das Geld in die Hand und sage „Merci bien, Madame!“

Sie dreht sich um, geht vier Schritte und gibt mir, während sie wieder so unverschämt-schön zwinkert, Münzen zurück und sagt: „De rien, Monsieur!“

Ich sage, dass ich darauf nicht mehr zu antworten wüsste, meine Floskeln wären jetzt aus, mehr könne ich nicht, nur noch Dinge zum Essen und zum Schlafen und zum Verabschieden. Ich lache, sie auch. Ich denke, dass ich erklären könnte, dass ich als Schüler fast fließend Französisch sprechen konnte und dass nun alles im Orkus meines Kopfes verschwunden sei und dass ich in einem Laden, der Ausland heiße … und überhaupt, und dass ich vor einem Jahr, als ich in einem schicken Hotel in Luxemburg ankam, den Herrn, der da an der Rezeption, ohne nachzudenken auf Französisch fragte, bis wann es denn Frühstück geben würde. Nein, ich sag’s ihr nicht.

Als sie „de rien“ sagte, bekam ich einen hochroten Kopf, den sie nicht sehen konnte, weil das Licht ein dunkles ist, und fühlte mich, als hätte ich nicht annähernd vierzigmal Silvester gefeiert oder wäre zum Feiern mitgenommen worden und hätte Sachen erlebt, die eine, die unter dreißig ist, nicht nachvollziehen kann. Verdammter Quatsch, denke ich. Das ist so, als träfen sich zwei Vögel auf einer Bundesstraße, und der eine sagte, er wolle mal eben an die Ostsee, nur so, weil er Lust drauf hätte und der andere sagte: Pieps!

Steffen Popp, einer meiner Magen- und Schienbeinlyriker, stellt sein neues Buch vor. Er setzt sich auf den Lesungsstuhl, richtet den Stand des Wasserglases, den seines Buches, den seines Körpers und sagt: „Ich freue mich, hier zu sein. Danke ans Ausland.“ BJÖRN KUHLIGK