Sexappeal Elite-Uni

VON CHRISTIAN FÜLLER

Sie wird in ihrer Berliner Wohnung gesessen haben. Eine Flasche Wein auf dem Tisch. Den Blick nach unten auf den Prominentenmarkt am Berliner Kollwitzplatz gerichtet. Da, wo das Zentrum der Kinderwagen des gebärfreudigen Berliner Bezirks Prenzlauer Berg ist. Und dann wird sich Edelgard Bulmahn gedacht haben: Prost, für euch hab ich was geschafft. Wenn ihr mal groß seid, werden die Elitekandidaten wirklich spitze sein.

Öffentlich schwieg die vormalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) über die jetzt veröffentlichte Liste der aussichtsreichsten Kandidaten für die „Exzellenzinitiative“, vulgo: die Elite-Unis. Aber es war ihre, Bulmahns Idee: Eine begrenzte Zahl deutscher Universitäten mit einem Extraschluck aus der Finanzpulle zu bedienen – damit sie international wieder sichtbarer werden. Bis zu 50 Millionen Euro jährlich werden die Gewinner-Unis bekommen, das Geld fließt zusätzlich und wird für sechs Jahre gewährt.

Viel Freude hatte Bulmahn bislang nicht an ihrem Einfall. Die Ministerin a. D. wurde lange geschmäht für den 1,9 Milliarden Euro teuren Plan – den heute alle gut finden. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft Ernst-Ludwig Winnacker etwa muss bekennen, er habe selbst erst gemerkt, „welch hervorragende Wissenschaft es in Deutschland gibt“, als er die vielen Anträge sah.

Insgesamt 74 Unis hatten 319 Antragsskizzen eingereicht. Als heiße Kandidaten für den Elitezuschuss haben DFG und der Wissenschaftsrat nun insgesamt 90 Projekte ausgewählt – darunter zehn auf die Förderung als Eliteuniversität.

Zu den universitären Kandidaten zählen, wie erwartet, die beiden Münchener Hochschulen Ludwig-Maximilians-Universität und Technische Universität. In Nordrhein-Westfalen ist die RWTH Aachen dabei, in Baden-Württemberg sind es vier Kandidaten, die traditionsreichen Unis Tübingen, Heidelberg und Freiburg sowie die Technische Hochschule Karlsruhe. Zudem haben sich drei Überraschungen auf die Liste geschlichen: Die Unis Bremen und Würzburg sowie die Freie Universität Berlin (siehe unten).

Als aussichtsreich stuften die Gutachter von DFG und Wissenschaftsrat zudem 39 Doktorandenprogramme und 41 so genannte Exzellenzcluster ein, das sind Kooperationen zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung.

Die ausgewählten Favoriten für die Eliteförderung sandten optimistische bis euphorische Pressemitteilungen herum. Marketingabteilungen der gelisteten Städte entdecken den Sexappeal des Begriffs Elite-Uni. Und Bürgermeister wie der des ewigen föderalen Underdogs Bremen, Jens Böhrnsen (SPD), trompeteten stolz, „unsere Uni hat’s verdient.“ Und die Verlierer begannen mit dem Wundenlecken.

Am schlimmsten hat es Nordrhein-Westfalen erwischt. Das bevölkerungsreichste Bundesland, das sich von einem Kohle- in ein Wissenschaftsrevier wandeln will, hat nur eine Uni im Rennen, Aachen.

Allerdings, das ist typisch für die deutsche Wissenschaft, das jetzige Ranking war nur ein vorläufiges. Jetzt dürfen alle Erlauchten richtige Anträge schreiben, über die im April definitiv entschieden werden soll.