Heilsames Elite-Ranking
: KOMMENTAR VON RALPH BOLLMANN

Es wirkt wie eine Nachricht aus einer anderen Zeit: Zehn deutsche Hochschulen sind in einer Vorauswahl zu „Elite-Unis“ gekürt worden. Dabei kreist die deutsche Bildungsdebatte längt nicht mehr um zu wenig, sondern um viel Auslese. Zu dürftige Angebote im Vorschulalter, zu wenige Ganztagsschulen, zu frühe Trennung nach Schulformen, das alles führt dazu, dass über Bildungschancen hierzulande vor allem die soziale Herkunft entscheidet.

Aber muss das ein Widerspruch sein? Dass Deutschland weniger Hochschulabsolventen zählt als die meisten anderen entwickelten Länder, hat nicht nur mit schulischen Mängeln zu tun. Es liegt auch an der fehlenden Ausdifferenzierung des Hochschulsystems selbst. Allzu lange haben die Universitäten so getan, als seien sie alle gleich – und dabei die Bildungsbedürfnisse ihrer Studierenden vernachlässigt. Sie haben sich der Lebenslüge hingegeben, die Humboldt’sche Einheit von Forschung und Lehre lasse sich in den Zeiten der Massenuniversität aufrechterhalten. Damit aber ist weder jenen Studenten gedient, die von der Hochschule einfach eine gute Ausbildung erwartet, noch den Spitzenforschern, die von solchen Studenten nur genervt sind.

Das Elite-Ranking bringt nun endlich die Unterschiede ans Licht, die es ohnehin schon längst gegeben hat. Es erleichtert damit die Orientierung – auch und gerade für jene Studienanfänger, die nicht von Haus aus mit dem akademischen Milieu vertraut sind. Beruhte die Einschätzung der Universitäten bislang oft genug auf dünkelhaften Vorurteilen, so beruht die neue Rangliste auf Fakten. Von einem Proporz der Bundesländer haben sich die Gutachter nicht beeindrucken lassen, und mit der Nominierung Bremens haben sie Offenheit für Newcomer bewiesen.

Das ist wichtig, damit die Elite nicht elitär wird, damit die deutsche „Efeu-Liga“ zwischen Heidelberg und München nicht für alle Zeiten zementiert wird. Allzu groß ist die Gefahr ohnehin nicht: Während das amerikanische Harvard über einen Jahresetat von 2,8 Milliarden Dollar verfügt, müssen sich deutsche Unis mit einem jährlichen Elite-Zuschlag von im besten Fall 50 Millionen Euro bescheiden. Dass darunter die Breitenbildung leidet, braucht keiner zu befürchten.