Blick vor und zurück

REIHE Der „Black History Month“ macht bis Anfang März mit vielen Veranstaltungen auf Schwarze Kultur und Geschichte aufmerksam

Der Begriff Schwarz wird aus zwei Gründen großgeschrieben:

als Verdeutlichung, dass Rassismus den Blick auf Körper verstellt: Hautfarben sind sichtbar und unterscheidbar, weil das in einer rassistischen Gesellschaft früh beigebracht wird – nicht, weil es so „ist“

als Form des Widerstands gegen Erzählungen und Handlungen, die Menschen rassistisch abwerten

VON ROBERT MATTHIES

Die „positive und progressive Stimmung“ aufzunehmen, die mit dem Amtsantritt des ersten Schwarzen US-Präsidenten verbunden war, hatte sich der „Black History Month“ im letzten Jahr mit dem Motto „Inspired Community“ vorgenommen. Ganz so euphorisch gibt sich die fünfwöchige Veranstaltungsreihe diesmal nicht.

Stattdessen rückt das diesjährige Motto „Living The Progress“ wieder die grundsätzliche Überlegung des afroamerikanischen Historikers Carter G. Woodson in den Vordergrund: Sichtbarmachung und Aufarbeitung der Geschichte, Aufzeigen aktueller Fortschritte und Missstände sowie Motivation und Bestärkung für die Zukunft. Rassistische Vorurteile gegenüber Schwarzen seien, stellte Woodson fest, „lediglich das logische Resultat einer Tradition, das unvermeidliche Ergebnis sorgfältiger Anleitung mit dem Effekt, dass der Schwarze niemals irgendetwas zum Fortschritt der Menschheit beigetragen hat“. Es gelte also, die übersehene, ignorierte und unterdrückte Schwarze Geschichte ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Woodson hatte deshalb im Februar 1926, rund um die Geburtstage Abraham Lincolns und des Abolitionisten Frederick Douglass, die erste jährliche „Negro History Week“ initiiert und die Association for the Study of Negro Life and History gegründet.

50 Jahre später wurde die Gedenk- und Erinnerungswoche zum „Black History Month“ ausgeweitet. Vier Wochen lang steht seitdem jedes Jahr im Februar an US-amerikanischen Schulen, Unis, in Gemeindehäusern, kulturellen Einrichtungen und den Medien das Schwarze Amerika im Mittelpunkt, werden Geschichte und wissenschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Beiträge auf Veranstaltungen beleuchtet und diskutiert.

Kimbells ungewöhnlicher Zugang: Heritage als „Hairitage“, Erbe als Frisurgeschichte

In Hamburg wird der „Black History Month“, initiiert von der US-amerikanischen Sängerin Cynthia Utterbach, seit 14 Jahren gefeiert. Seitdem sind Popularität und Programm stetig gewachsen. Immer mehr Konzerte, Tanzvorführungen, Vorträge, Diskussionen, Ausstellungen, Filmbeiträge, Poetry-Veranstaltungen, Lesungen, Workshops, Talkshows und jeweils ein spezielles Jugendprogramm sollen drei Aufgaben übernehmen: die öffentliche Wahrnehmung der Schwarzen HamburgerInnen als Teil der Gesellschaft steigern, zugleich aber auch Möglichkeiten zum Austausch bieten und das Verständnis untereinander fördern.

Einen ungewöhnlichen Zugang zur Schwarzen Geschichte in den USA stellt dabei heute die Filmemacherin Regina Kimbell vor: Heritage als „Hairitage“, Erbe als Frisurgeschichte. In ihrer Edutainment-Doku „My Nappy Roots“ und einem Vortrag am Samstag zeigt Kimbell, wie sich das ursprünglich positive Selbstbild von Afrikanern vor der Versklavung durch die gesellschaftlichen Strukturen in den Vereinigten Staaten allmählich gewandelt hat und verdeutlicht dabei die kulturelle, gesellschaftliche und politische Bedeutung von Haarstilen: Die geschichtliche Entwicklung von Frisuren als Prüfstein für die Suche von Afro-AmerikanerInnen nach sozialer Identität und Teilhabe und wirtschaftlicher Unabhängigkeit, die schließlich zur Entstehung der ersten großen Schwarzen Unternehmer in den USA geführt hat – und zur heutigen Milliarden-Dollar-Industrie Schwarzer Haarpflegeprodukte.

■ bis So, 7. 3., diverse Orte, Infos und Programm unter www.bhmhamburg.de