Nur ein Harvard für NRW

Gejammer nach der Pleite: Die Hochschulen in NRW trauern um den verpassten Titel „Elite“-Uni und die entgangene Millionenförderung. Innovationsminister Pinkwart: Rot-Grün ist schuld

VON MIRIAM BUNJES
UND KLAUS JANSEN

Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen werten die Vorentscheidung im Wettbewerb um den Titel „Elite-Uni“ als Niederlage für den Wissenschaftsstandort NRW. „Es wird jetzt schwieriger, bei der Spitzenforschung gegen den Süden Deutschlands anzukommen“, sagte Axel Freimuth, der Rektor der Universität Köln. Besonders enttäuscht äußerten sich Vertreter der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. „Das Ruhrgebiet wird ohne Exzellenzförderung auch wissenschaftlich zum Armenhaus der Nation“, sagte RUB-Sprecher Josef König. Von einer „schlimmen“ Entscheidung für NRW sprach ein Vertreter der Uni Münster.

Von den fünf nordrhein-westfälischen Bewerber-Hochschulen darf sich nur noch die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen Hoffnung auf das „Elite“-Siegel und die damit verbundene Förderung von 21 Millionen Euro pro Jahr machen. Die Konkurrenten aus Münster, Bochum, Köln und Bonn scheiterten in der Vorauswahl.

Die beiden Hochschulen aus Köln und Bonn dürfen immerhin Fördermittel für so genannte Exzellenzcluster und Graduiertenschulen (siehe Kasten) beantragen. Obwohl der Bund dafür nur 6,5 beziehungsweise eine Millionen Euro jährlich bereitstellt, zeigten sich die Rheinländer zufrieden. „Trotz der landesweit schlechten Situation stehen wir im Rheinland in der Forschung gut da“, so der Kölner Rektor Freimuth. Wie sein Bonner Kollege Matthias Winiger hofft Freimuth noch darauf, in der nächsten Bewerbungsrunde nachträglich nominiert zu werden.

Als Ursache für die schlechten Ergebnisse hat Nordrhein-Westfalens Wissenschaftselite die leere Landeskasse identifiziert. Schlechtere Ausstattung und schlechtere Bezahlung hätten die besten Köpfe ins Ausland oder in die süddeutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg abwandern lassen. Dies schlägt sich nach Auffassung der Rektoren auch auf die Verteilung der Forschungsmittel durch die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) nieder – ein Teufelskreis.

Auch der zuständige Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) beklagt den Rückstand auf die Klassenbesten aus Süddeutschland – die Schuld dafür sieht er aber bei seinen Vorgängern. Die „verfehlte Hochschulpolitik der vergangenen Jahrzehnte“ habe NRW ins Hintertreffen gebracht, erklärte er. Pinkwarts Amtsvorgängerin und jetzige SPD-Fraktionschefin Hannelore Kraft wollte sich gestern nicht zu den Wettbewerbs-Ergebnissen äußern. Die grüne Bildungspolitikerin Ruth Seidel warf dem Minister vor, den Standort bewusst schlecht zu reden.

Konsequenzen aus dem miesen Abschneiden will die Landesregierung zunächst nicht ziehen. Auch Hochschulfusionen – wie die erzwungene Zusammenlegung der Unis Duisburg und Essen im Jahr 2003 – sind vorerst nicht zu erwarten. „Wir verfallen jetzt nicht in Aktionismus“, sagte Pinkwarts Sprecher André Zimmermann.

Große Hoffnungen in die Politik setzen die nordrhein-westfälischen Unis ohnehin nicht. „Es ist schlicht zu teuer, Exzellenz und Breite gleichzeitig zu finanzieren“, sagte Herbert Kaußen, Kanzler der erfolgreichen RWTH Aachen. Deshalb liege es vor allem an den Hochschulen selbst, ihr Profil zu schärfen und einzelne Fachbereiche zu stärken. „Wir sind immer gegen den Strom geschwommen“, so Kaußen. Nun hofft er, „bald die Korken knallen“ lassen zu können.