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: Die Deppen der Demokratie

Wie dumm, gelangweilt oder verzweifelt müssen Kommunalpolitiker sein, die für einen Wochenendtrip nach Barcelona eine Verurteilung wegen Vorteilsannahme riskieren? Drei Jahre Haft für drei Tage Touristenprogramm? Immerhin 150 NRW-Lokalpolitiker nahmen ein ähnliches Risiko in Kauf und gingen auf große Fahrt mit Eon Ruhrgas. Ob dieses Verhalten korrupt ist, muss nun die Justiz klären.

Die NRW-Politik sollte versuchen, ähnliche Fälle in Zukunft zu verhindern. Eine bessere Aufklärung über die Pflichten von kommunalen Amtsträgern scheint notwendig zu sein. Einige Stadträte scheinen ihre wichtige Rolle als ehrenamtliches Organ der Exekutive eher locker zu nehmen. Das dürfte allerdings auch an der dürftigen Entschädigung für die Hobbypolitiker liegen. Wer für zwei-, dreihundert Euro pro Monat zahlreiche Stadtrats-, Ausschuss- und sonstige Sitzungen absolviert, wird kein schlechtes Gewissen empfinden, wenn er ab und zu mal ein kleines Präsent oder einen kurzen Wochenendtrip geschenkt bekommt. Stillschweigendes Motto: Billige Politik erzeugt trashiges Verhalten.

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Die tausenden Stadträte und sachkundigen Bürger in den kommunalen Vertretungen leisten die Grundlagenarbeit für die Demokratie in NRW. Doch vergütet werden sie wie die Deppen der Demokratie. Natürlich können die Mitglieder kommunaler Vertretungen nicht mit den Gesetzesmachern in Berlin oder Düsseldorf gleichgestellt werden. Aber eine symbolische Erhöhung der Monatspauschalen und Sitzungsgelder wäre gut und würde die Basisdemokratie aufwerten.

Auch aus soziologischen Gründen wären höhere Aufwandsentschädigungen sinnvoll. Stärker noch als in der Berufspolitik prägen bestimmte Bevölkerungsgruppen die ehrenamtliche Hobbypolitik. Nicht wenige Räte rekrutieren sich vorwiegend aus Rentnern und Beamten. Gäbe es eine angemessene Entschädigung, würden vielleicht auch mehr junge Leute kommunalpolitisch aktiv werden.