kritik der woche
: Lewis und Clark, die Entdecker des amerikanischen Westens

Was machen, wenn einem durch glückliche Fügung ein bisher unerschlossenes Gebiet zufällt, welches ein Viertel der Fläche der heutigen USA ausmacht? Erst einmal erkunden, was man da für schlappe drei Dollar pro Quadratmeile erworben hat, dachte sich Präsident Jefferson. Und schickte die Offiziere Lewis und Clark auf eine Forschungsreise durch das ehemals französische Louisiana.

Erstmals in Deutschland beschäftigt sich eine Sonderaustellung im Oldenburger Landesmuseum für Natur und Mensch mit diesem Ereignis, dessen 200-jähriges Jubiläum in den USA derzeit kräftig gefeiert wird. Entlang der Expeditionsroute lässt sich in jedem Nest mit mehr als drei Häusern ein Lewis & Clark Krippenspiel finden – seit Anfang des vorigen Jahrhunderts wird die Forschungsreise zum amerikanischen Gründungsmythos stilisiert. Er symbolisiert den Glauben, die Nation sei seinerzeit vom Schicksal auserkoren worden, sich über den gesamten Westen auszubreiten.

Ziel der Ausstellung sei es, „amerikanische Geschichte jenseits gängiger Wild-West-Klischees“ erlebbar zu machen, sagt der künstlerische Leiter der Ausstellung, Hartmut Wiesner. Beim Betreten der Galerie wird der Blick durch einen überdimensionalen Schriftzug „Sankt Louis“ hindurch auf ein Bild des Pazifiks gelenkt. Von Sankt Louis war die Expedition gestartet, auf der man den schiffbaren Weg zum Pazifik suchte. Auf einem Rundgang über die Galerie werden die Stationen der Reise anhand von Zeichnungen und kurzen Texten gezeigt.

Der Blick durch die aufgestellten Fernrohre auf die Ausstellung hinunter zeigt aber, dass der Versuch, sich von klassischen naturkundlichen Ausstellungskonzepten abzulösen, nur in Teilen gelingt. Zu dominant erscheinen die Kolonie der Tierpräparate, eine Sammlung von Landvermessungsinstrumenten und die üblichen indianischen Artefakte. Wer seine Veranstaltung dann noch mit der Unterzeile „Unter Wölfen, Büffeln, Bären und Indianern“ einkleidet, macht den eigenen aufklärerischen Anspruch gänzlich unglaubwürdig, fühlt man sich doch direkt in die Fiktionen Karl Mays versetzt; mal ganz abgesehen davon, dass hier amerikanische Ureinwohner auf eine Stufe mit wilden Tieren gestellt werden.

Dem Anspruch, die USA als Weltmacht über eine Motiverkundung der „westward expansion“ zu verstehen und ein differenziertes Bild der USA zu zeichnen, werden die AusstellungsmacherInnen so nur in Teilen gerecht. Doch auch Lewis und Clark waren mit ihrem Hauptziel, eine schiffbare Nordwestpassage zu finden, an einem kleinen Hindernis gescheitert: den Rocky Mountains. Morten Helbing

Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg; bis 12.2.2006