Die Gefahren des Wageninneren

Zwei Jahre später leidet das Gedächtnis: Im Prozess gegen drei Türsteher wegen Körperverletzung bleibt vieles unklar

Bremen taz ■ Es ist viel geschehen seit jenem 21. Dezember 2003, als die Türsteher Süleyman D., Alexander S. und Eric V. vor der Diskothek „La Habana“ auf einen abgewiesenen Gast eingeschlagen haben sollen. Eric V. lebt jetzt in den Niederlanden und scheint eine Art Geschäftsmann geworden zu sein. Süleyman D. wurde in der Türkei der Pass entzogen, so dass er nicht zum Prozess erschien. Und die Zeugin R., ehemalige Freundin des Geschädigten Z., hat, wenn man den Zettel, den sie der Richterin vorlegt, richtig deutet, ein Annäherungsverbot gegen Z. erwirkt.

Kein Wunder also, dass sich viele Zeugen nicht mehr erinnern können, wen sie im März 2003, also auch schon einige Wochen nach dem Vorfall, bei der Wahl-Lichtbildvorlage, wie die Polizei sie nennt, erkannt haben. Erik V. und Alexander S. verfolgen die Befragungen sehr entspannt. V. wirkt im weißen Rollkragenpullover zum blauen Mantel wie der Wolf in feinem Tuch, während S. schwarzes T-Shirt und schwarze Jeans trägt und in allem ein bisschen jungenhafter scheint.

Die beiden machen keine Aussagen, zumindest vorerst nicht, denn so hat es ihnen der Anwalt geraten, der ihnen letztendlich aber zu teuer war. So haben die Zeugen das Wort. Die Aussage von Zeugin M. ist eher konfus. „Ich glaube, es war im Taxi“, sagt sie, aber sicher ist sie nicht und auch die beiden Angeklagten erkennt sie nicht wieder. Die zweite Zeugin, R., ist klarer in ihrer Erinnerung. „Ja, die beiden standen an der Tür“, sagt sie mit Blick auf die Angeklagten, die jetzt das Lächeln Aufmunternd-Fürsorglichen kräftiger Männer für zierliche Frauen haben. „Einer hatte große Ohren“.

Für den Geschädigten Z., der sehr entschieden an ihnen vorbeisieht, zeigen sie wenig Fürsorgliches. Z. ist ein bulliger Mann in Strickpullover, der sie ohne Zögern als diejenigen erkennt, die ihn attackiert haben sollen. Ihm folgt der Zeuge K. in blauem Jackett und farblich passendem Schal, der so sorgfältig den Inhalt seiner Aktentasche auf dem Zeugentisch ausbreitet, dass er kaum Ohren für die Richterin hat. K. war im Jahr 2003 noch Taxifahrer, jetzt ist er auf dem Weg in die Selbständigkeit, wie er sagt. „Alle drei haben ihn angegriffen“, sagt er mit Bestimmtheit, ohne die Beschuldigten anzusehen. „Ich kenne die Herrschaften“, sagt er.

Für die es nicht gut aussieht, so wenig, dass die Richterin sie noch einmal auffordert, Stellung zu nehmen. „Die Zeugen erzählen, was sie am liebsten erzählen wollen“, sagt S.. „Das ist so ihre Einschätzung“, sagt die Richterin kühl. „Ich würde in Frage stellen, dass er ein glaubwürdiger Zeuge ist“, fährt S. mit Blick auf den ehemaligen Taxifahrer K. fort. Denn der habe ihnen angeboten gegen 2000 Euro auf seine Aussage zu verzichten. Die Richterin würde dennoch gerne wissen, wie S. und V. die Verletzungen von Z. begründen. „Eine Provokation rechtfertigt keine Handgreiflichkeiten“, sagt sie. „Sehr richtig“, bestätigt S.. Sein Kollege D. habe die Taxitür geöffnet, um die Beleidigung zu klären, als Z. ihn geschlagen habe. Der wiederum müsse sich an einer Kante im Taxi verletzt haben. Wenn die Hauptschuld nun auf D. geschoben werden solle, befindet die Richterin, müsse man auch ihn befragen. Und setzt einen neuen Termin an. grä