Chinas Verbündete im Berliner Kanzleramt

CHINA Beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang stärkt die Bundeskanzlerin den Chinesen den Rücken, die mit der EU-Kommission um Strafzölle auf chinesische Solarmodule streiten

BERLIN taz | Er lächelt gern und jovial, lobt Deutschland über den grünen Klee und bleibt doch in der Sache hart: So präsentiert sich Chinas neuer Ministerpräsident Li Keqiang bei seinem Besuch in Berlin. Der wird von der Drohung der EU-Kommission überschattet, ab 6. Juni Strafzölle auf chinesische Solarmodule zu erheben. Brüssel wirft China Dumping vor. Noch vor Ankunft in Berlin wies Li die Vorwürfe zurück. In Berlin warnt er unmissverständlich: „Strafzölle kosten nicht nur Arbeitsplätze in China, sondern bestrafen auch in Europa Industrie und Konsumenten.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel fürchtet Vergeltung gegen die deutsche Exportindustrie und spricht sich deshalb trotz der Pleiten deutscher Solarfirmen gegen Strafzölle aus. Am Montag begannen China und die EU in Brüssel Verhandlungen. Laut Reuters waren 14 der 27 EU-Staaten gegen Strafzölle.

In Berlin ließ Li offen, was China in dem Konflikt anbieten könne, zumal auch die USA entsprechende Strafzölle verhängten. Stattdessen lobt Li Chinas enge Beziehungen zu Deutschland. Beide Länder könnten ein „Traumpaar“ sein, ihre Beziehungen „befinden sich auf der Überholspur und werden an Pferdestärken gewinnen“. Zuvor waren Wirtschaftsverträge unterzeichnet worden, darunter mit Volkswagen und BMW. Ein Drittel seines Handels mit der EU macht China mit Deutschland, umgekehrt dürfte das Reich der Mitte bald wichtigster deutscher Handelspartner werden. „Beim Besuch in Deutschland geht es auch um einen Besuch in der EU“, sagt Li. Als er merkt, dass dies in Brüssel falsch ankommen könnte, sagt er: „Damit sage ich nicht, dass Deutschland die EU-Kommission ersetzen kann.“

In einer Erklärung betonen beide Seiten, künftig bei industrieller Entwicklung, Informationstechnologie, Urbanisierung sowie Modernisierung der Landwirtschaft enger kooperieren zu wollen. So soll es einen Landwirtschaftsdialog geben, der die bisher schon 60 verschiedenen bilateralen Dialoge ergänzen soll.

Beide Seiten bekennen sich zur Rechtsstaatlichkeit und zu den Menschenrechten sowie der Fortsetzung ihrer jeweiligen Dialoge. Am Montag sprach Merkel laut ihrem Sprecher den Fall des Künstlers Ai Weiwei an, zuvor nach eigener Aussage die Arbeitsbedingungen deutscher Korrespondenten. SPD-Kanzlerlandidat Peer Steinbrück schlug Li am Montag einen Menschenrechtsdialog auf Parteiebene vor und sprach sich ebenfalls gegen die EU-Strafzölle aus. SVEN HANSEN

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