Zum Dauerrausch verknackt

Die Landesregierung will bei der Drogenberatung in Gefängnissen sparen. Dabei stapeln sich dort schon heute die Anfragen auf Therapien. Experten fürchten hohe Folgekosten für die Gesellschaft

VON NATALIE WIESMANN

Die schwarz-gelbe Landesregierung plant die Fördergelder für die Drogenberatung in Gefängnissen massiv zu kürzen: Von derzeit 31 externen SuchtberaterInnen sollen dort nur noch fünf ihre Sprechstunden abhalten können – jeweils einer in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln, Dortmund, Düsseldorf, sowie in Wuppertal und Iserlohn. Die wenigen internen Berater würden so völlig überlastet, fürchten Experten. „Die Drogenberatung ist von den Kürzungsplänen des Landes akut gefährdet“, sagt etwa der Leiter der JVA Köln, Jörn Foegen (siehe Interview).

Denn Drogen und Knast sind eng verbunden: Mehr als die Hälfte der Gefängnis-BewohnerInnen wurden wegen Drogendelikten eingebuchtet. Im Gefängnis schaffen sie den Absprung oft deshalb nicht, weil sie dort an alle Suchtstoffe herankommen. Damit Junkies und andere Drogensüchtige dem Teufelskreis entkommen können, gibt es seit Ende der 80er die Option einer „Therapie statt Strafe“. Jeder Zweite will das nutzen – und meist stimmt das Gericht zu. Um dann die richtige Einrichtung zu finden, brauchen die Therapiewilligen allerdings professionelle Hilfe.

Grüne Ratspolitiker aus Köln haben die schwarz-gelbe Landesregierung daher aufgerufen, die Einsparungen zu überdenken: „Es ist kurzsichtig, bei der Drogenberatung zu kürzen“, sagt Arif Ünal, gesundheitspolitischer Sprecher der Kölner Grünen. Wenn die Abhängigen nicht therapiert würden und sich draußen wieder den Stoff beschaffen müssten, steige die Beschaffungskriminalität – auf Kosten der Gesellschaft. „Die Sparmaßnahme rechnet sich nicht“, so Ünal. Auch die grüne Landtagsfraktion will sich für den Erhalt der externen AnsprechpartnerInnen einsetzen.

Ein Platz im Gefängnis koste den Steuerzahler etwa 80 Euro am Tag, weit mehr als ein Therapieplatz, argumentiert auch Gesine Dyck von der Drogenberatung Wuppertal. „Durch ‚Therapie statt Strafe‘ haben wir in Wuppertal in diesem Jahr schon 8.000 Hafttage eingespart“, so Dyck. Von den frei werdenden Geldern sollte man ihrer Meinung nach weitere Drogenberater einstellen statt Stellen abzubauen. „So lassen sich Wartezeiten verringern.“

Denn bereits jetzt erhalten die Insassen erst nach drei oder vier Monaten einen Termin bei den Drogenberatern, klagt Bärbel Marrziniak von der Essener Drogenberatung „Suchthilfe direkt“. Wenn die Sozialarbeiter von draußen den JVA-Suchberatern nicht mehr unter die Arme greifen könnten, würden die BewohnerInnen entlassen, ohne die Haftzeit für einen Ausstieg aus den Drogen nutzen zu können. „Außerdem vertrauen die sich lieber uns an als den Angestellten des Gefängnisses“ so Marrziniak. „Wir sind in ihren Augen neutraler.“

Das Gesundheitsministerium sieht hingegen durch die Kürzungen der Landesgelder die Drogenberatung in Gefängnissen nicht gefährdet. Die schwierige Haushaltslage zwinge zu einem strikten Kurs der Haushaltskonsolidierung, sagt Sprecher Walter Godenschweger. „Die Förderung ist eine freiwillige Leistung des Landes.“