Der Weg nach oben
: Dissidenz ist die Lösung: Wie Bands an der Macht der Plattenkonzerne sägen

Rein in den Ü-Raum, jammen, Demotape abschicken, vorspielen, Vertrag kriegen, auf der Bühne sterben – nicht, dass Musikkarrieren je so linear verliefen. Aber der Weg von der ersten Note bis zum ewigen Ruhm war lange nur so begehbar. Spätestens, seit die Detroiter Plattenfirma Motown vor gut 40 Jahren aus lokaler Distribution globale Vertriebswege und den Liedermarkt zum Musik-Biz machte. Das hat sich geändert. Nicht nur, aber vor allem wegen des Internets.

Musik ist heute verfügbarer, demokratischer als je zuvor. Wer ein Lied will, lädt es runter oder brennt es von anderer Leute CDs. Der legale Download-Markt hat 2005 die weltweite Umsatzhürde von einer Milliarde Euro genommen. Zugleich landen Klingeltöne in den Hitparaden, langfristige Verträge werden zur Ausnahme, Aufstieg und Fall öffentlich gecasteter Pseudo-Stars wechseln sich immer rasanter ab.

Doch zwei Bands zeigen derzeit, dass alternatives Marketing musikalischer Qualität zum Durchbruch verhelfen kann: Die englischen Post-Punks Arctic Monkeys und Clap Your Hands Say Yeah aus New York sind abseits der Major-Labels erfolgreich, die weltweit 75 Prozent des Musikmarkts kontrollieren. Erstere haben ihr gerade erschienenes Debütalbum vorab ins Internet gestellt und die erste Single dennoch bis an die Spitze der britischen Charts verkauft. Ihre US-Kollegen sind in der Blog-Sphäre bekannt geworden und haben ihr daheim gebranntes Album erst zigtausendfach verteilt und dann ein Label gefunden. Sogar große Unternehmen ließen schon Erstlingswerke eines Newcomers komplett verschenken, um den Verkauf des Nachfolgers zu pushen.

Tim Renner, einst deutscher Universal-Chef, glaubt dagegen, dass Manager die Aufgaben von Plattenfirmen übernehmen werden. Wir sind Helden haben ihre erste Platte ohne den Artist and Repertoire (A&R) Beauftragten eines Labels eingespielt, Die Ärzte oder Die Toten Hosen setzen längst lieber auf einen persönlichen Manager.

Um sich nicht mehr auf die A&R-Gnade verlassen zu müssen, haben Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff vor vier Jahren in Hamburg für ihre Band Kettcar gemeinsam mit Tomte-Sänger Thees Uhlmann gleich ein eigenes Label gegründet: Grand Hotel van Cleef. Nun gelten beide als angesagteste Vertreter des deutschen Indie-Pop. Stars wie die Fantastischen Vier, Herbert Grönemeyer oder Xavier Naidoo nutzen die Konzerne nur noch für den Vertrieb. Zurzeit wird erwartet, dass die GEMA auf zwei Lizenztarife umsteigt: einen „Indie-Modus“ für kleine, einen “Hollywood-Modus“ für große Firmen. Jan Freitag