Strom abgestellt

Machtkampf im Industrieverband führt zum Rücktritt des Chefs Marnette. Der sieht sich als Opfer einer Intrige

Mit dem Rücktritt des Vorsitzenden Werner Marnette geht der Machtkampf im Hamburger Industrieverband (IVH) in eine neue Runde. Der 60-jährige Vorstandschef der Norddeutschen Affinerie (Affi) legte sein Amt am späten Montagabend nach einer turbulenten Vorstandssitzung nieder. Bis zur Neuwahl des Führungsgremiums auf einer Mitgliederversammlung am 15. Februar übernimmt der Hamburger Airbus-Chef Gerhard Puttfarcken das Amt.

Auslöser des Streits im Verband, dem alle wichtigen Industriebetriebe der Stadt angehören, ist die von Marnette betriebene Entlassung des IVH-Geschäftsführers Jürgen Thies vor zwei Wochen. Marnette hatte Thies vorgeworfen, die industriepolitische Zusammenarbeit der Unternehmensverbände in Norddeutschland zu hintertreiben. Der Vorstand hatte seine Entlassung mit nur knapper Mehrheit beschlossen.

Der als umtriebig und durchaus impulsiv geltende Marnette beschuldigte gestern ein nicht namentlich genanntes Vorstandsmitglied „gezielter Indiskretionen“ wegen dieser Personalentscheidung. Hintergrund sei jedoch sein Kampf gegen „mutwillige Preistreibereien der marktbeherrschenden Strom- und Gaskonzerne“, vermutet Marnette. Er hatte im vorigen Jahr nach heftigen Auseinandersetzungen mit Vattenfall-HEW angekündigt, die Affi würde ihren Strombedarf künftig durch ein eigenes Kraftwerk decken. Auch wegen der Schließung der Hamburger Aluminiumwerke zum Jahresende hatte der Affi-Chef die HEW attackiert.

Deshalb sei es „von besonderer Pikanterie“, so Marnette, dass die Vorstandschefs von Vattenfall dem IVH vorige Woche „ihre selbstlose Hilfe angedient“ hätten. Vattenfall habe schon zu Beginn des vergangenen Jahres versucht, „einen Keil zwischen ihn und den IVH-Vorstand zu treiben – damals noch erfolglos“. SMV