ENTSPANNUNGSÜBUNGEN
: Summende Frauen

Man müsse sich auch mal mit dem Nein- Sagen beschäftigen

„Wir atmen jetzt in unsere Blase“, sagt die Yogalehrerin, die ganz in Weiß gehüllt vor uns sitzt. Ich gebe mir Mühe, aber mein Kopf ist noch mit den jüngsten Enthüllungen beschäftigt. Eine Frau, auch in Weiß, hat gerade über üble Schmerzen bei der Entfernung ihrer Spirale berichtet. Eine weitere gestand, bei manchen Yogaübungen das Wasser nicht mehr halten zu können. Der Rest nickt verständnisvoll und empfiehlt mehr Beckenbodentraining. Mir dämmert, im falschen Kurs zu sein.

Mein Yogalehrer hat das Unterrichten aufgegeben. Auf der Suche nach einem neuen Kurs bin ich falsch abgebogen und jetzt unter Müttern und solchen, die es werden wollen. Ich überschlage die Möglichkeiten zur Flucht. Unauffällig rauskommen ist nicht. Eine höfliche Erklärung, schon nach einer Viertelstunde wieder zu verschwinden, fällt mir auch nicht ein. Ich bleibe und atme in meine Blase.

Die Entspannungsmusik krallt sich in die Ohren. Ich mache ein Auge auf und gucke, wie es dem Rest geht. Glücklich summende Frauen in Weiß, ich in blauer Jogginghose. So müssen sich Minderheiten fühlen.

Eineinhalb Stunden und viel Verständnistalk später bin ich so gestresst, wie man nach dem Yoga nicht sein sollte. Die Yogalehrerin spricht uns alle noch mal persönlich an. „Wie fühlst du dich“, fragt sie. „Äh, geht so“, sage ich. Sie wundert sich ein bisschen, warum so selten Männer in den Kurs kommen.

Und dann gibt sie uns zum Abschluss noch ein paar Gedanken mit auf den Weg. „Besonders wenn man Kinder hat“, sagt sie mit sanfter Stimme, müsse man sich auch mal mit dem Nein-Sagen beschäftigen. Man fühle sich nicht immer gut dabei, aber wichtig sei es trotzdem. Denn wenn man merke, dass man etwas nicht möchte, solle man es auch nicht tun. Wir sind voll einer Meinung. Hätte sie nur mal vorher sagen sollen.

PATRICIA HECHT