Antisemitisches Party-Ende

Ein Deutsch-Russe beschuldigt die Polizei, ihn misshandelt und mit antisemitischen Äußerungen beschimpft zu haben. Die Behörde sieht derzeit „keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten“

von Kai Schöneberg

Es hätte ein schöner Abend mit Freunden sein können. Doch die Rückfahrt – und alles, was danach folgte – in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar wird Mikhail Z. in dauernder wie schmerzhafter Erinnerung behalten. Der Deutsch-Russe gibt an, gegen drei Uhr früh von Polizeibeamten misshandelt und mit antisemitischen Äußerungen beschimpft worden zu sein. Angeblich soll ein Beamter „Es wäre besser, wenn es überhaupt keine Juden mehr gäbe“ und „Jetzt wirst du Scheiß-Jude lernen“ zu dem 36-jährigen Z. gesagt haben. Zuvor soll er ihn im Beisein von fünf weiteren Beamten in der Toilette der Polizeidienststelle im Zentrum Hannovers mit dem Kopf drei Mal gegen die Wand geschlagen haben. Der Notarzt im Krankenhaus stellte bei Z. eine „tätliche Auseinandersetzung“ durch „Schläge/Tritte“, ein Schädelhirntrauma mit Gehirnerschütterung, eine verstauchte Halswirbelsäule sowie eine Verletzung an einem Finger fest. Er verordnete Z. eine Halskrause.

Der Mann, der seit zwölf Jahren in Deutschland lebt, reichte inzwischen eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. „Wir nehmen den Fall sehr ernst“, sagt Polizeisprecher Joachim Elsner. „Nach einer ersten Beurteilung“ sieht er jedoch „keinerlei Anhaltspunkt für das Fehlverhalten der Beamten“. Das Verfahren auf Verdacht wegen Körperverletzung im Amt laufe noch. Deshalb könne man dazu derzeit nicht weiter Stellung nehmen. In der kommenden Woche sollen die beschuldigten Beamten vernommen werden.

Es steht Aussage gegen Aussage. Fakt ist: Z. war mit zwei Freunden in eine Fahrzeugkontrolle geraten. Nachdem die zwei Polizisten weder Alkoholmissbrauch noch einen Verstoß gegen die Anschnallpflicht feststellen konnten, nahmen sie Z. dennoch auf die Wache in die Herschelstraße mit. Sie wollten dort seine Personalien feststellen lassen, da er keinen Ausweis bei sich hatte. Weil die Beamten „zunehmend aggressiv auf mich wirkten, wies ich darauf hin, dass ich Mitglied der jüdischen Gemeinde sei“, sagt Z. Das half ihm offenbar nicht viel. „Sie können auch Hauptrabbiner sein, das ist mir egal“, entgegnete laut Z. ein Beamter. Bei einem Toilettengang soll ihn dann ein Polizist gegen die Fliesen geschleudert haben. Laut Z. haben ihn die Beamten dazu zwingen wollen, sich die Hände zu waschen. „Aber das ist doch meine Privatsache“, sagt Z. Als er darauf hinweis, dass der Seifenspender leer war, habe angeblich einer der Beamten „Für dich jüdisches Arsch reicht Wasser aus!“ gerufen.

„Ich habe das Schreien im Nebenraum gehört“, sagt Z.’s Bekannte Irina G. „Es war ziemlich laut“. Sie war in die Wache hinterher gekommen, um den vergessenen Personalausweis von Z. vorzulegen. „Ich sah auch, dass er plötzlich eine rote Beule am Kopf hatte“, sagt G. Auch nach ihrer Aussage waren die Polizisten „von Anfang an sehr unhöflich“.

„Es scheint nicht völlig abwegig, was Z. vorgetragen hat“, sagt Günter Max Behrendt von der Anti-Diskriminierungsstelle der Stadt Hannover. Vor einem Beurteilung des Falls müsse man jedoch unbedingt die Ermittlungen abwarten. Die Wache in der Herschelstraße ist Behrendt aber nicht unbekannt: „In den vergangenen Jahren hat es dort bereits mindestens zwei Ereignisse mit rassistischem Hintergrund gegeben“.