LESERINNENBRIEFE
:

Eine authentische Weiterentwicklung

■ betr.: „Bajonett an der Saar“, taz vom 3. 2. 10

Die Auseinandersetzung um die Völklinger Moschee ist nicht der erste Moscheenstreit im Saarland; es gab bereits vor acht Jahren eine relativ heftige Auseinandersetzung in Saarbrücken; das damalige Moscheeprojekt wurde mangels sicherer Finanzierung nicht weiterverfolgt.

Angesichts der „globalen Nachrichtenlage“ zum Thema Islam kann man es Anwohnern nicht verdenken, wenn sie es genauer wissen wollen, wer in ihrer Nachbarschaft eine Moschee baut. Das ist derzeit – leider – ein wohl unvermeidlicher Umstand, dem sich auch vertrauenswürdige Bauherren von Moscheen stellen müssen. Bei aller legitimen Kritik am islamischen Dachverband Ditib lässt sich dieser religionssoziologisch als eine Art „Volkskirche“ mit „weltfreundlicher Moral“ (so Levent Tezcan, in Bezug auf das Volkskirchenkonzept von Ernst Troeltsch) charakterisieren. Stadtmüttern und -vätern sowie Planungsämtern sollte dies eine Ermutigung sein, Bauanfragen von Ditib politisch freundlich und baurechtlich sachlich zu prüfen. Von den christlichen Kirchen und denen, welchen das Grundgesetz wichtig ist, wird man eine deutliche Unterstützung für das (optisch im Übrigen sehr zurückhaltende) Moscheeprojekt erwarten müssen – unabhängig von einer vermuteten Mehrheitsmeinung.

Das Argument, die geplante Völklinger Moschee beeinträchtige das Welterbe Völklinger Hütte, kann nicht überzeugen. Die geplanten zaghaften Minarette werden mit der Hochofen-Silhouette der Hütte nicht konkurrieren; zudem verbietet die Welterbekonvention keineswegs jegliche städtebauliche Weiterentwicklung in der Umgebung von Welterbestätten. Die türkischstämmige Bevölkerung ist zum großen Teil wegen der Stahlhütte nach Völklingen gekommen. Wenn nun in der weiteren Umgebung der Hütte eine – in ihren Ausmaßen bescheidene – sichtbare Moschee errichtet wird, ist dies Ausdruck einer authentischen, zeitgemäßen Weiterentwicklung der alles andere als pittoresk oder homogen wirkenden städtebaulichen Landschaft in Völklingen.

THOMAS SCHMITT, Göttingen

PraktikantInnen

■ betr.: „Angst vor Schadenfreude, taz vom 9. 2. 10

Mein Gefühl: Dieses Protokoll hat mich sehr bewegt und betroffen gemacht. Schließlich studieren drei meiner Kinder.

Etwas tun: Die beschriebenen Zustände – ein Praktikum schließt sich an das nächste an, und zwar folgen- und entgeltlos – waren der Grund, dass wir in unserem Betrieb eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber abgeschlossen haben. Somit geht kein Praktikant mit weniger als 650 Euro nach Hause. Ebenso achten wir als Betriebsrat darauf, dass die Praktikanten nicht nur als billige Arbeitskraft eingesetzt werden, und auf eine angemessen Dauer das Praktikums.

REINHARD BUSCH, Ovelgönne

Nicht ehrenrührig

■ betr.: „Angst vor Schadenfreude“, taz vom 9. 2. 10

Stehen Sie dazu, dass Sie Hartz-IV-Empfängerin sind. Es ist nicht ehrenrührig. Es geht vielen andern genauso. Wie soll ein Arbeitgeber Sie entdecken, wenn Sie so einen anschaulichen Bericht unter falschem Namen veröffentlichen? Bitten Sie Ihre „reichen“ Freunde darum, Ihnen ihren übrig gebliebenen Schinken und Tofu zu geben. Wenn sie dann nicht mehr Ihre Freunde sind, suchen Sie sich bessere. Wer Leute auf Hartz IV belächelt, gehört in den Kindergarten. Erst wenn Sie es geschafft haben, diesen Reifungsschritt zu tun, haben Sie ein Chance, dass sich der Bann löst und Sie einen bezahlten Job finden.

BEATE SCHMIDT, Borchen

Ein Eingeständnis ist nötig

■ betr.: „Wir haben abgeschrieben“, taz zwei vom 11. 2. 10

Führt ihr tatsächlich alle abgebildeten Personen, von der Edelfeder bis zum taz-Schergen, ins Feld, um Hegemanns Handeln zu verteidigen? So wirkt es auf mich zumindest, auch wenn ihr euch durch die augenzwinkernden Formulierungen eine Hintertür offen lasst. Ihr lenkt dadurch vom eigentlichen Problem ab: dem Versagen oder zumindest der Unbeholfenheit der Medien (die taz eingeschlossen) in dieser Sache. Ein junges, weibliches „Wunderkind“ wurde euch vom Ullstein Verlag verkauft, und ihr habt es dankbar angenommen. Dass jemand einen guten Text veröffentlicht (z. B. ein Blogger in einem kleinen Verlag, wie es offenbar in diesem Fall geschehen ist), ist keine gute Story. Nein, es muss immer gleich ein Wunder sein. Und wenn das Wunder dann keines ist, sondern sich nur jemand ins Rampenlicht drängen wollte, dann wird draufgehauen. Das immerhin macht die taz nicht – zu Recht, denn gerade einer 17-Jährigen steht es zu, Fehler zu machen. Sie aber gleich so zu verteidigen wie in der heutigen Ausgabe, finde ich auch nicht richtig. Ein Eingeständnis ist nötig: dass es im Literaturbetrieb offenbar nur auf eine gute Vermarktung ankommt, gute Werke in der Masse einfach schwer zu finden sind und es Betrüger gibt. Die taz kann das tun – von Ullstein erwarte ich das nicht, denn die wollen ja noch ein paar Bücher verkaufen, bevor sie Frau Hegemann in die Literatenwüste schicken. Das ist kein Verlust. Ich bin überzeugt, dass es genug gute AutorInnen gibt, die sich an anerkannte Regeln halten. MARKUS MÜNCH, Berlin