Der untreue Eckart

Diesmal konnte es nur einen Sieger bei der Wahl zum Lobbyisten der Woche geben: Eckart von Klaeden, Staatsminister im Kanzleramt, zukünftig Cheflobbyist der Daimler AG.

Von Klaeden ist nicht der erste prominente Politiker, der unmittelbar aus einem öffentlichen Amt in die private Wirtschaft wechselt, aber einer der dreisteren Fälle. Erstens, weil er noch bis zur letzten Bundesratssitzung am 20. September im Amt bleiben will. Und zweitens, weil sein Wechsel in einer Zeit zunehmender öffentlicher Kritik an der Arbeit ehemaliger Politiker für Privatunternehmen stattfindet. Transparency etwa fordert seit Längerem eine Karenzzeit zwischen öffentlichem Amt und Engagement in der Privatwirtschaft.

Von Klaedens Ankündigung wirkt deshalb wie der Versuch, die Grenzen auszutesten, was geht – und sie auszudehnen. Auf Cicero Online sprang ihm prompt der konservative Publizist Hugo Müller-Vogg bei: „Was von Klaeden jetzt macht, ist in den Vereinigten Staaten gang und gäbe“, schreibt er. „Der ‚Fall‘ von Klaeden ist so besehen ein weiterer Schritt in Richtung Amerikanisierung der deutschen Politik. Was noch fehlt, sind einige Topmanager, die auch mal dem Staat dienen.“

Da dürfen wir uns noch auf einiges gefasst machen, wenn Müller-Voggs Ideen Wirklichkeit werden: Die Riege von ehemaligen Goldman-Sachs-Managern, die später in der US-Regierung fürs Bankwesen zuständig waren, ist legendär – von Finanzminister Henry Paulson unter George W. Bush bis zu Obamas Stabschef im Finanzministerium, Mark Patterson.

Angela Merkel kann der Fall von Klaeden mitten im Wahlkampf nicht recht kommen. Forderungen nach Entlassung weist sie dennoch zurück.

MARTIN REEH