Wowereits falsche Prioritäten

Nach Zensus droht Berlin scharfer Sparkurs

VON SEBASTIAN PUSCHNER

Zur Disposition steht der Neubau der Landesbibliothek nicht zum ersten Mal. Doch diesmal könnte es schwierig werden für dieses Wunschprojekt Klaus Wowereits (SPD): Die fiskalischen Folgen der bereinigten Bevölkerungszahl Berlins sind drastisch, die CDU will den Bibliotheksneubau deswegen auf die lange Bank schieben. Das ist naheliegend und sagt viel über die falsche Prioritätensetzung des Regierenden Bürgermeisters.

Denn was war Wowereit wirklich wichtig in jüngerer Vergangenheit? Eine Bibliothek, die als Streichkandidat für den Haushalt immer schnell zur Hand ist; die Verlängerung einer Autobahn, deren fragwürdige Notwendigkeit für viel Streit in der Stadt gesorgt hat; und ein Flughafen, den das Land 2012 mit weiteren 444 Millionen Euro bezuschussen musste. 444 Millionen, das wäre schon fast die Hälfte des Betrags, den Berlin nun in den Länderfinanzausgleich zurückzahlen muss.

Prestigeprojekte

Die notwendige Priorität hatte bei Wowereit in den vergangenen Jahren dagegen weder die Existenz von ausreichendem und vor allem bezahlbarem Wohnraum in der Stadt noch der notwendige Umbau der lokalen Energieversorgung im Zeichen der Energiewende. Massive Investitionen in das hiesige Bildungssystem? Fehlanzeige.

Wäre der Regierende allein für diese drei Anliegen so sehr Feuer und Flamme gewesen wie für den Flughafen, man müsste angesichts des durch den Zensus auferlegten Spardiktats richtig Mitleid mit ihm haben. Doch er hat es sich anders ausgesucht: Wowereits Name wird in der Rückschau vor allem für umstrittene und mitunter gescheiterte Prestigeprojekte stehen.