Mit Wasser geweckt

PUA Feuerbergstraße: Neue Akten belegen, dass Sicherheitsdienst die Pädagogik übernahm. Junge wollte sich im Zimmer erhängen. Gestern Staatsräte als Zeugen

In der Feuerbergstraße hat der private Securitas-Wachdienst die Arbeit der Pädagogen miterledigt. Das legen die Dienstbücher aus 2004 nahe, die erst jetzt dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) nachgeliefert wurden. So betreute Securitas die Jungen nicht nur tageweise allein, sondern leitete auch die „Tagesreflektion“ oder strich Vergünstigungen.

Im PUA hatte der Heimleiter beteuert, die Wachleute würden nur beaufsichtigen, dabei fände „keine Pädagogik statt“. Die GAL-Jugendpolitikerin Christiane Blömeke ist nun vom Gegenteil überzeugt. „Securitas wurde mit den Jungen allein gelassen.“ Ein Wachmann brächte die Zustände auf den Punkt, als er am 22. November 2004 schrieb: „Ein Wunder ist geschehen!!! Es war ein Betreuer anwesend.“

Die Einträge lassen auch auf einen ruppigen Umgang schließen. „6 Uhr 45. D. mit Wasser geweckt“, heißt es an einer Stelle. Häufig ist von Fixierungen die Rede, in einem Fall wird ein Junge zehn Minuten auf den Boden gedrückt, im Gesicht sind danach „rote Druckstellen zu sehen“. Ein Junge wurde in der Nacht zum 22. Februar 2004 einzelbewacht, nachdem er versucht hatte, sich zu erhängen. Man konnte ihn „gerade noch vom Strick befreien“.

„Solche Jungen brauchen keinen Wachmann vor der Tür, sondern einen Psychiater“, kritisiert Blömeke, die ebenso wie SPD-Politiker Thomas Böwer überzeugt ist, dass sich die Lage bis heute „nicht fundamental“ geändert hat. Böwer erfuhr durch eine kleine Anfrage, dass fünf Pädagogenstellen unbesetzt sind. Auch werde derzeit ein Kind von Securitas „einzelbewacht“.

Behördensprecherin Katja Havemeister beteuert, es sei „längst sichergestellt“, dass Securitas die Jungen nicht mehr betreut. Bei der Einzelbewachung „beobachte“ der Dienst die Jungen, wenn sie allein sind: „Es muss nicht 24 Stunden ein Pädagoge danebenstehen.“ Der PUA beschäftigt sich erst in ferner Zukunft mit diesen Vorfällen.

Gestern Abend sollten die Ex-Staatsräte Walter Wellinghausen (Inneres) und Henning Horstmann (Justiz) dem Gremium erklären, warum die Justizbehörde in Sicherheitsfragen nicht die Sozialbehörde beriet. Eine Nebensächlichkeit, die jedoch demnächst auch Justizsenator Roger Kusch (CDU) in den Zeugenstand bringen wird. Kaija Kutter