Gazproms Macht soll bröckeln

ENERGIE Der deutsche Großabnehmer Eon hält die langfristigen Gaskontrakte mit Russland für überteuert – und erwägt nun den Einkauf in Westeuropa

FRANKFURT rtr | Der Energiekonzern Eon stellt seine Gaslieferverträge mit dem russischen Versorger Gazprom auf den Prüfstand. Eon erwäge eine vollständige Kündigung der teilweise über zehn und zwanzig Jahre laufenden Verträge, berichtete das Magazin Wirtschaftswoche unter Berufung auf Konzernkreise. Stattdessen werde Eon Erdgas künftig nur noch über die westeuropäischen Spotmärkte beziehen, da das russische Gas zu teuer sei.

Ein Sprecher sagte dazu, dass Eon auf Lieferungen aus verschiedenen Regionen setze. „Auch langfristig“ wolle man Gas „zu wettbewerbsfähigen Konditionen aus Russland“ beziehen. „Zu einzelnen Verträgen und Verhandlungen nehmen wir keine Stellung“, betonte der Sprecher.

Eon hatte im Juli vergangenen Jahres bei Gazprom Preissenkungen durchgesetzt. Deutschlands größter Versorger schrieb im Gasgeschäft teilweise hohe Verluste. Dies lag daran, dass Eon Ruhrgas Gas teurer ein- als verkaufte. Der Düsseldorfer Energieriese musste seinem Lieferanten Gazprom in den langfristig festgelegten Verträgen noch hohe Preise zahlen, während die eigenen Großkunden wie Stadtwerke nur noch die wegen des inzwischen herrschenden Überangebots gefallenen Marktpreise berappen wollen.

Auch der Eon-Rivale RWE, der ebenfalls einen Großteil seiner Erdgaslieferungen aus Russland bezieht, setzt auf ein Entgegenkommen Gazproms. Der Streit wird vor einem Schiedsgericht verhandelt. RWE strebt früheren Angaben zufolge eine Lösung bis Ende 2013 an.

Gazprom ist der wichtigste Erdgaslieferant Europas und deckt etwa ein Drittel des hiesigen Bedarfs. Die EU-Kommission hatte im September 2012 ein Wettbewerbsverfahren gegen Gazprom eröffnet, weil der Konzern ihrer Ansicht nach seine Marktdominanz in Ost- und Mitteleuropa missbraucht.

Zudem prüft Eon laut Wiwo, sich von seiner 54-prozentigen Beteiligung am südschwedischen Atomkraftwerk Oskarshamn zurückzuziehen. Die Düsseldorfer betreiben den Meiler zusammen mit dem finnischen Versorger Fortum.