Keine Observation in der Pause

Die Berliner Herbert-Hoover-Schule, die für die Deutschpflicht in ihrer Hausordnung in die Kritik geraten ist, verteidigte gestern den Sprachpassus. Trotzdem soll auf einer Schülerkonferenz nach den Ferien erneut über den Beschluss diskutiert werden

AUS BERLIN BARBARA BOLLWAHN

Der letzte Schultag vor den Winterferien an der Herbert-Hoover-Schule in Berlin-Wedding war ungewöhnlich: Die Schulleitung lud zu einer Pressekonferenz. Seit über einer Woche steht die Realschule, von deren 370 Schülerinnen und Schülern über 90 Prozent türkischer, arabischer, serbischer, kroatischer, russischer oder pakistanischer Herkunft sind, in den Schlagzeilen. Der Grund: Ein Passus der Schulordnung schreibt vor, in den Pausen nur Deutsch zu sprechen.

Nach einem Artikel in der türkischen Zeitung Hürriyet ist eine Welle des Protestes über die Schwerpunktschule für Deutsch hereingebrochen. Türkische Vereine und Organisationen sprechen von einer Diffamierung ihrer Sprache und Kultur, von einem Verstoß gegen die Grundrechte. Berlins Schulsenator Klaus Böger (SPD) und der Deutsche Lehrerverband hingegen begrüßen die Deutschpflicht.

Das Pressegespräch fand in einem Klassenzimmer statt, an dessen Wänden ein Spiegel-Titelbild „Gastarbeiter in Deutschland“ von 1964 und handgeschriebene Tafeln zum Zerfall des Osmanischen Reiches und der Entstehung der Türkei hingen. Weil die Direktorin erkrankt ist, verteidigte der stellvertretende Schulleiter Hans-Joachim Schriefer die Sprachregelung, die bereits im März 2005 von Lehrern, Eltern und Schülern beschlossen wurde. Schriefer zeigte sich „verwundert“ über die vehemente Kritik an der Hausordnung. „Seit einem Jahr ist der Passus in Kraft. Es gab keinerlei Proteste und nun müssen wir uns rechtfertigen.“

Der Deutschlehrer nutzte die Gelegenheit, um einiges klarzustellen: „Weder gibt es Observationen noch Sanktionen bei Verstößen.“ Wer in den Pausen nicht Deutsch spreche, werde „freundlich an die Vereinbarung erinnert“. Schriefer betonte: „Wir können und wollen das nicht hundertprozentig kontrollieren. Wir liegen nicht auf der Lauer. Das werden die Schüler bestätigen.“ Das taten die drei anwesenden 17-jährigen Schüler und Schülerinnen, die nichtdeutscher Herkunft sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Schulsprecher Asad, pakistanischer Herkunft: „Wir haben das freiwillig entschieden, um gute Noten und eine Zukunft zu haben. Unsere Deutschkenntnisse haben sich seitdem sehr verbessert.“ Die türkischstämmige Halime: „Man wird bestraft, wenn man den Unterricht stört, aber nicht, wenn man nicht Deutsch spricht. Dann entschuldigen wir uns und reden wieder Deutsch.“ Der türkischstämmige Schüler Cebrail: „Die Lehrer erinnern uns nur daran, Deutsch zu reden.“

Bildungssenator Böger, der die Deutschpflicht einen „Mosaikstein in einem Gesamtkonzept zur besseren Integration“ nennt, hofft weiter auf eine Verständigung mit den türkischen Organisationen, nachdem bei einem Gespräch am Donnerstag die Differenzen nicht ausgeräumt werden konnten. Der stellvertretende Leiter der Hoover-Schule sagte gestern, dass es nach den Winterferien eine Schulkonferenz geben werde. Das Thema: Soll der Sprachbeschluss revidiert werden?