Scheu vor den eigenen Mitarbeitern

TARIFFLUCHT Die Karstadt-Beschäftigte wehren sich mit einem zweitägigen Streik gegen Pläne des Eigners Berggruen, die Tarifbindung zu verlassen

„Die Beschäftigten haben 650 Millionen in Karstadt investiert“

ARNO PEUKES , VER.DI

Überraschender Streik bei Karstadt: Die Gewerkschaft Ver.di hat am Montag die Verkäuferinnen und Kassierer alle Hamburger Karstadt-Filialen inklusive des Flaggschiffs Alsterhaus zu einem eintägigen Ausstand aufgerufen. Etwa 450 Karstadt-Angestellte folgten laut Ver.di dem Aufruf und traten ihre Arbeit nicht an. „Es ist eine höhere Streikbeteiligung als erwartet“, freut sich Ver.di-Fachbereichsleiter Arno Peukes.

Der Streik findet nicht nur vor dem Hintergrund der laufenden Tarifrunde im Einzelhandel statt, im Fokus steht primär die Ankündigung des Karstadt-Eigners Nicolas Berggruen, der den insolventen Konzern 2009 übernommen hat, aus dem Einzelhandelsverband auszutreten und künftig keine Tarife mehr zu zahlen. „Die Stimmung ist eindeutig“, sagt Peukes. Der heutige Streik habe gezeigt, dass die Karstadt-Beschäftigten bereit seien, für ihre Tarifbindung auf die Straße zu gehen. „Aus diesem Grund haben wir entschieden, den Streik mindestens bis Dienstag auszudehnen“, sagt Peukes.

Für Ver.di ist der Tarifausstieg ein „Affront“ und ein Wortbruch zu der Zusage bei Abschluss des Sanierungstarifvertrages, nach der Sanierungsphase wieder zu normalen Tarifen zurückzukehren. „Die Beschäftigte sind es, die in den vergangenen Jahren rund 650 Millionen Euro in das Unternehmen investiert haben“, sagt Peukes. „Für Berggruen war es nur ein Euro.“ Und nun seien es wieder die Beschäftigten, die nach Jahren des Verzichts jetzt nach dem Ende des Sanierungstarifvertrages mit Einkommensverzicht bestraft werden sollen.

Ursprünglich wollten die Streikenden mit Berggruen, der am gestrigen Abend zu einer Veranstaltung der Körber-Stiftung eingeladen war, ins Gespräch kommen. Doch die ist kurzfristig abgesagt worden, sagt Peukes. „Es liegt für uns der Verdacht nahe, dass Herr Berggruen den Dialog und die Konfrontation mit den Beschäftigten scheut.“  KVA