PRESS-SCHLAG
: Der täppische Riese

AUFSTIEG RB Leipzig kickt künftig in der dritten Liga – womöglich länger, als dem im Unglück erprobten Retortenklub lieb ist

Müssen sich jetzt alle Fußballromantiker vor dem ganz großen Durchbruch des Retortenvereins aus dem Osten fürchten? Am Sonntag besiegelte der RB Leipzig den Aufstieg in die dritte Liga. Im Relegationsduell rangen die mit mächtig viel Moneten aufgepäppelten Leipziger die Sportfreunde aus Lotte in der Verlängerung nieder. Wie ein täppischer Riese wirkte der Verein insbesondere in den beiden Jahren zuvor, in denen man trotz üppiger Zuwendungen eines Brauseherstellers aus Österreich sich durch das Nadelöhr der höchsten Amateurliga nicht durchzwängen konnte.

Das Countdown-Nummernschild des Mannschaftsbusses wurde am Sonntag schon einmal ausgetauscht. Künftig fährt man nicht mehr mit L - RB 4321 durch den Osten, sondern mit L - RB 321 durch die ganze Republik. Am Ende soll nur noch die letzte Ziffer stehen. So viel zum Programm.

Aber auch mit dem österreichischen Ableger RB Salzburg hat der Getränkekonzern Großes vor und scheitert immer wieder. Geradezu exemplarisch dafür war zu Beginn dieser Spielzeit deren Ausscheiden in der Champions-League-Qualifikation gegen den luxemburgischen Meister Düdelingen. Kübelweise Hohn und Spott mussten die Erfolgsplaner von RB über sich ergehen lassen.

In Leipzig baute man unterdessen beim Regionalligisten monumentale Strukturen auf. Gut 30 Millionen Euro investierte der Konzern für ein erstligareifes Trainingszentrum. Geld, das auch kein Drittligist zur Verfügung hat. Allerdings wird der Kader des Aufsteigers, in dem viele Spieler langfristig gebunden sind, vermutlich nur partiell aufgebessert werden. Ob das forsche Motto der Marketingabteilung „Ab durch die Dritte“ sich auf dem sportlich deutlich höheren Niveau so ohne Weiteres umsetzen lässt, bleibt abzuwarten. Die Begeisterung der Leipziger Fans, die sich in ihrer Sehnsucht nach Erstligafußball zu großen Teilen völlig pragmatisch mit dem Geschäftsmodell des Vereins arrangiert haben, vermag die Spieler beflügeln. Was fehlen wird: die Einflußnahme des Nordostdeutschen Fußballverbandes, der RB Leipzig jeden Wunsch von den Lippen ablas. Und auch beim DFB und der DFL wird man sich Gedanken machen müssen, ob man weiter die eigenen Statuten missachtet, um den Ostfußball zu fördern. Der RB Leipzig ist nach wie vor ein seltsames Gebilde, das ohne jegliche Kontrollinstanzen auskommt. Auf neun Auserwählte konnte der Klub seine Mitgliederzahl dank erschwerter Zugangsbedingungen begrenzen. JOHANNES KOPP