Nationalspieler für einen Tag

Christian Wörns sieht sich nach dem 3:2-Erfolg von Borussia Dortmund über den VfL Wolfsburg wieder im Nationalteam. Bundestrainer Jürgen Klinsmann interessiert die Tagesform wenig

„Bei mir hängt die Messlatte ohnehin höher“, glaubt Christian Wörns

AUS DORTMUNDMARCUS BARK

In der Regel fällt es Jürgen Klinsmann recht leicht, nette Worte zu finden. Auch wenn er die neue Moderatorin des ZDF-Sportstudios Katrin Müller-Hohenstein kurzzeitig mit dem Arzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Dr. Müller-Wohlfahrt, verwechselte, kamen die besten Wünsche für die „kommenden Monate und Jahre“ sehr herzlich herüber. Auf warme Worte des Bundestrainers wartet Christian Wörns, 33, seit Monaten und Jahren. Auch wenn die Moderatorin ähnlich smart lächelte wie der Bundestrainer, sie konnte ihm nicht entlocken, wie er die Leistung des Dortmunder Innenverteidigers am Samstag gesehen hatte. „Wir verfolgen die Leistungskurve und nicht, ob einer mal einen guten oder schlechten Tag hat“, sagte der Bundestrainer.

Wörns war der Ansicht, dass er beim 3:2-Sieg der Borussia gegen den VfL Wolfsburg einen sehr guten Tag hatte. „Ich hoffe, dass er das genauso sieht wie ich“, sagte Wörns mit Zielrichtung Klinsmann, der mit seinem Assistenten Joachim Löw auf der Tribüne saß. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu verbalen Offensiven von Wörns. Vor dem Länderspiel gegen China im Oktober 2005 kam es zur Aussprache. Die könnte schon in Kürze wieder anstehen, denn der Dortmunder wollte sich am Samstag weitere Spitzen nicht verkneifen. „Die müssen das ja gesehen haben, denn das sind ja Fachleute“, sagte er über das Trainerduo.

Wörns ist einer von 28 Spielern, die von Klinsmann und dem Trainerstab des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu einem Lehrgang nach Düsseldorf eingeladen wurden. Heute und morgen soll den Spielern dort erzählt werden, was in den kommenden Monaten vor der Weltmeisterschaft auf sie zukommt. Wörns wird das im Gegensatz zu Spielern wie Marcell Jansen oder Lukas Sinkiewicz ahnen können, denn er hat bereits 66 Länderspiele bestritten und war bei der Weltmeisterschaft 1998 dabei. Im Spaß hat der Verteidiger vor der Saison gesagt, dass die WM 2006 die vorletzte Gelegenheit für ihn sei, den Titel zu holen. Da war er noch fest davon ausgegangen, im Sommer 2006 nur ganz wenig Urlaub zu haben. Inzwischen ist er skeptisch, weil er zu häufig nicht zu Länderspielen eingeladen wurde und zu wenig Wertschätzung erfuhr. „Ich habe immer wieder Leistung sprechen lassen. Ich hoffe, dass ich nicht immer der einzige bin, der Topleistungen bringen muss“, fühlte sich Wörns zum wiederholten Mal ungerecht behandelt: „Bei mir hängt die Messlatte ohnehin höher.“

Wörns hat schon so viele Duelle mit Topstürmern bestritten und schon so viele davon gewonnen, dass seine verbale Offensive durchaus verständlich ist. Sein Anspruch auf einen Platz im WM-Kader scheint gerechtfertigt, ist aber eher der äußerst überschaubaren Zahl an guten Innenverteidigern in Deutschland geschuldet.

Christoph Metzelder gehört in der aktuellen Form nicht zu denen. Zu allem Überfluss zog sich der Borusse am Samstag einen Riss in der Nasenschleimhaut zu. Beim Führungstreffer der Wolfsburger verlor er zunächst ein Laufduell gegen Mike Hanke und ließ sich dann vom ehemaligen Schalker narren. Auch Wörns grätschte in dieser Szene gegen Hanke ins Leere (13. Minute). Auch beim zweiten Gegentreffer durch Diego Klimowicz misslang das entscheidende Störmanöver (71.). Der Gesamteindruck fiel dennoch positiv aus, weil Wörns den Wolfsburger Stefan Schnoor zu einem Eigentor nötigte (24.) und bis auf die angesprochenen Zweikämpfe alle anderen gewann. Das fiel jedoch auch nicht sonderlich schwer, weil die Spielanlage der Wolfsburger sehr einfach gestrickt war. Manchmal war gar keine zu erkennen. Das hat wohl auch der Bundestrainer so gesehen. Was die Leistung von Christian Wörns allerdings nicht im Geringsten schmälern soll.