Rechtsextreme machen verstärkt mobil

300 Rechte marschieren am Samstag durch die Dortmunder Innenstadt, fünfzehnhundert Menschen stellen sich ihnen entgegen. In drei Wochen soll die nächste Großdemo von Neonazis in Münster stattfinden. CDU: „Wir sind besorgt“

DORTMUND/MÜNSTER taz ■ Rund 1.500 Menschen haben am Samstag in Dortmund friedlich gegen eine kurzfristig erlaubte Kundgebung von Neonazis demonstriert. Sie standen etwa 300 Rechtsextremen gegenüber, die durch die Innenstadt zogen.

Die Nazi-Demo war erst am Freitagabend vom Bundesverfassungsgericht genehmigt worden. Es fehle an konkreten Verdachtsmomenten, dass aus der Demo heraus Straftaten verübt werden könnten, begründeten die obersten Richter ihre Entscheidung. Der „Arbeitskreis Dortmund gegen Rechtsextremismus“ kritisierte das Urteil: „Diese Entscheidung ist uns Bürgern insbesondere am Internationalen Holocaust-Gedenktag nicht zu vermitteln“, sagte Pfarrer Friedrich Stiller, Sprecher des Arbeitskreises.

Der Arbeitskreis will nun die Neonazi-Aktivitäten in Dortmund und der Region zum Thema machen und intensiv mit den politisch Verantwortlichen über die Gesetzeslage diskutieren, die Demos von Rechtsextremen möglich macht. Zuvor hatten das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Aufmarsch verboten (taz berichtete). Beide Gerichte hatten sowohl im Zeitpunkt der Kundgebung am Tag nach dem Holocaust-Gedenktag also auch in dem Motto – Abschaffung des Tatbestands der Volksverhetzung – eine Provokation und Gefährdung der öffentlichen Ordnung gesehen.

Unterdessen soll es in Münster erstmals seit 1998 am 18. Februar einen faschistischen Aufmarsch geben. Anmelder ist der notorische Kölner Neonazi Axel Reitz, wegen Volksverhetzung verurteilter selbst ernannter „Gauleiter Rheinland“. Unter dem Motto „Gegen imperialistische Fremdherrschaft, für Freiheit und Selbstbestimmung der Völker!“ sind rund 150 Teilnehmer angekündigt, die zehn Stunden lang vom Hauptbahnhof bis ins Kreuzviertel und wieder zurück ziehen wollen.

Die Münsteraner Polizei prüft die schriftliche Anmeldung „sehr genau“, so ein Sprecher. Allerdings seien die Verbotsmöglichkeiten bekanntlich sehr beschränkt. „Wir müssen uns an die Gesetze halten, auch wenn uns diese Anmelder stinken.“

Ein Verbot des Aufmarschs fordert die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/ Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Münster (VVN/BdA). „Die Demonstrationsfreiheit basiert auf dem Grundgesetz“, sagt deren Sprecher Stefan Proske. Das aber sei geprägt von Menschenwürde und Menschenrechten. Die menschenverachtende nationalsozialistische Ideologie, die auch Reitz und seine Mitstreiter verbreiteten, sei damit völlig unvereinbar.

Der Uni-AStA lädt heute um 16 Uhr zur Gründung eines Bündnisses gegen Rechts ein. Auch die VVN/BdA strebt ein solches Bündnis an und warnt vor einem „Wegsehen und Wegducken“ der Gesellschaft. Gegen den Nazi-Aufmarsch mobilisiert ebenfalls die Offene Antifa Münster.

Auch Münsters Oberbürgermeister Berthold Tillmann reagierte „mit Sorge“. Die Stadt habe „einige Fragen und Bedenken“, so Christdemokrat Tillmann. So könnte an diesem Samstag der Besucher- und Einkaufsverkehr behindert werden, zudem gebe es größere Karnevalsveranstaltungen und eine Frühlingsmesse in der Halle Münsterland. Tillmann regt ein „gemeinsames politisches Signal“ des Stadtrates an.

Die friedenspolitischen Sprecher der Ratsfraktionen erklärten bereits, Münster dürfe „kein Tummelplatz für Neonazis werden“. Sie rufen zu einer Gegendemo auf, sollte sich der Nazi-Aufmarsch nicht verbieten lassen.

MARKUS TERMEER/
GESA SCHÖLGENS