WAS MACHT EIGENTLICH ... der Karneval der Kulturen?
: Sich auf den Mobiltelefonen breit

1996 zogen die ersten karnevalistischen Umzüge durch Kreuzbergs Mitte. Mit den Jahren hat sich das Multikultispektakel zum größten Straßenfest der Stadt gemausert. Dieses Jahr wird vom 2. bis 5. Juni gefeiert – aber die Vermarktung der Parade beginnt schon jetzt. Völkerverständigung ist gut – richtig gut ist sie wohl erst dann, wenn durch sie auch die Kassen klingeln. So haben sich die Karnevalsveranstalter dieses Jahr etwas ganz Besonderes ausgedacht: Zusammen mit Radio Multikulti suchen sie für den Umzug im Frühsommer eine Hymne.

Bis zum 10. März können DJs, Labels, Produzenten und freie Künstler Lieder einreichen, die „einen nachvollziehbaren Bezug“ zum Karneval herstellen. Also eigentlich alles – denn was ist den Karnevalisten schon fremd? Mit dem Wettbewerb wolle man „einen Extrakt aus der vielfältigen Musikszene präsentieren, die jedes Jahr auf dem Karneval sicht- und hörbar wird“, heißt es.

Die auf die drei besten Extrakte reduzierte Vielfalt darf sich dann weiterer Verbreitung erfreuen: Die Gewinner-Hymnen werden auf CD aufgenommen und als Download im Internet angeboten. Sogar als Klingeltöne fürs Handy sollen sie Karriere machen. So langsam nimmt der Umzug damit auch in Sachen Kommerzialisierung die Dimensionen der sanft entschlafenen Love Parade an.

Für einige Teilnehmer des Wettbewerbs könnte dieser sich im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen: Die Gewinner werden am Umsatz beteiligt. So müssen sie gemeinsam mit den Veranstaltern darauf hoffen, dass folkloristische Rhythmen und Trommelwirbel ihren Charme nicht verlieren – selbst wenn man sie durch den Handylautsprecher jagt. sc
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