Berlin verschärft Rhetorik gegenüber Teheran

Im Streit um Irans Atomprogramm will Bundesaußenminister Steinmeier Wirtschaftssanktionen nicht ausschließen. Außenminister beraten heute in London über weiteres Vorgehen. Iran prüft derzeit Moskauer Vermittlungsvorschlag

BERLIN taz ■ Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Berlin am Wochenende den Ton gegenüber Teheran verschärft. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in einem Spiegel-Interview, es wäre unklug, die Möglichkeit von Wirtschaftssanktionen auszuschließen. „Iran sollte nicht unterschätzen, in welchem Maße es auf technische und wirtschaftliche Kooperation mit den westlichen Ländern angewiesen sein wird.“ Zwar gebe er dem diplomatischen Weg den Vorzug. Sollte aber Teheran nicht zur Kooperation bereit sein, müssten andere Maßnahmen ergriffen werden. Ein etwaiges militärisches Vorgehen bezeichnete Steinmeier als „ein Spiel mit dem Feuer, an dem ich mich nicht beteiligen würde“.

Am Samstag hatte Steinmeier zur Vorbereitung des heutigen Außenministertreffens in London ein längeres Gespräch mit dem Generaldirektor der Internationalen Atombehörde (IAEA) Mohammed al-Baradei in Wien geführt. Al-Baradei hatte auf dem Wirtschaftsforum in Davos vorgeschlagen, Iran sollte die Urananreicherung für acht, neun Jahre aussetzen und die USA sollten Teheran dafür Atomreaktoren zur Verfügung stellen.

Bei dem Treffen in London, an dem außer Steinmeier die Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien teilnehmen, soll eine gemeinsame Position gegenüber Teheran angestrebt werden – ein Versuch, dessen Gelingen jedoch fraglich erscheint. Denn während die USA darauf drängen, auf der für Donnerstag geplanten Dringlichkeitssitzung des IAEA-Gouverneursrats die Einschaltung des UN-Sicherheitsrats zu beschließen, treten Russland und China für Fortsetzung der Verhandlungen ein.

Bei den EU-Staaten ist keine klare Position auszumachen. Mal drohen sie mit Sanktionen, mal versichern sie, den diplomatischen Weg nicht verlassen zu wollen. Auch Drohungen, militärische Maßnahmen zu ergreifen oder gar Nuklearwaffen einzusetzen, blieben nicht aus.

Russland und China pflegen weit reichende Wirtschaftsbeziehungen zum Iran und wollen diese nicht aufs Spiel setzen. Russland versucht seit Ende 2005 in dem Atomstreit zu vermitteln. Der russische Vorschlag, Iran die Uranumwandlung zu erlauben, die Anreicherung bzw. Produktion des atomaren Brennstoffs jedoch nach Russland zu verlagern, wurde vom Westen und China unterstützt. „Ich denke, das ist ein guter Plan. Die Russen haben die Idee geboren, und ich unterstütze sie“, sagte US-Präsident George W. Bush. Chinas Außenminister Li Zhaoxing bezeichnete den Vorschlag als „guten Versuch, den Stillstand der Verhandlungen zu beenden“. Er fügte hinzu: „Wir sind entschieden gegen Sanktionen oder Androhung von Sanktionen.“

Teheran hat bisher den russischen Vorschlag nicht abgelehnt. Außenminister Manuchehr Mottaki sagte am Sonntag, seine Regierung nehme den Vorschlag ernst. „Wir sind dabei, Einzelheiten zu prüfen.“ Am 16. Februar sollen die Verhandlungen mit Moskau fortgesetzt werden.

Allerdings vermuten Diplomaten, dass die Einlenkungssignale Teherans der vergangenen Tage eher dazu dienen sollen, die vom Westen aufgebaute Drohkulisse zu entschärfen und die angedrohte Anrufung des UN-Sicherheitsrats zumindest zum jetzigen Zeitpunkt zu verhindern. Denn Teheran werde, wie oft betont, unter keinen Umständen auf sein Recht, den Brennstoff im eigenen Land herzustellen, verzichten. Folgerichtig hat der Vizepräsident des islamischen Parlaments, Mohammad Reza Bahonar, am Sonntag erklärt: „Eine mögliche Zustimmung zu dem russischen Vorschlag bedeutet keineswegs den Verzicht, den nuklearen Brennstoff in unserem Land herzustellen. Dieses Recht ist unser roter Faden, davon werden wir nie abrücken.“ BAHMAN NIRUMAND