Mieter zahlen Kita

Erhöhung der Grundsteuer statt Kindergartengebühr. Wie die Stadt Neuss kinderfreundlicher werden will

Die Stadt Neuss will Kindergartenplätze gratis anbieten – und könnte damit als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen den Wunsch der CDU-Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen erfüllen. Während andere Städte und Gemeinden den Vorschlag reflexartig mit „wie sollen wir das zahlen?“ abgeblockt haben, hat sich die 150.000-Einwohner-Stadt am Rhein eine neue Finanzierungsquelle überlegt: Die Erhöhung der Grundsteuer soll die vier Millionen Euro Elternbeiträge im Jahr wieder reinholen.

„Es gibt keinen Grund, warum der Schulbesuch umsonst ist, und die Kindergärten nicht“, sagt Stadtsprecher Peter Fischer. Dabei wollten doch alle, dass Kindertageseinrichtungen mehr pädagogische Verantwortung übernehmen. Wäre der Kindergartenplatz gratis, fielen in Neuss außerdem fünfeinhalb Stellen weg, die sich bisher nur mit der Eintreibung der nichtbezahlten Gelder beschäftigt haben, so Fischer: „Wir tragen so zum gewünschten Bürokratieabbau bei.“ So blieben von den vier Millionen nur noch 3,7 Millionen Euro Verluste auszugleichen. Und die sollen auf die Grundsteuer umgelegt werden. „Das macht pro Ein-Familienhaus etwa 76 Euro im Jahr, für Haushalte in Mehrfamilienhäuser etwa 35 Euro“, rechnet Fischer vor. Diesen Mehrbetrag zahlt dann wiederum der Mieter. Wenig, wenn man bedenkt, dass ein Kindergartenplatz – je nach Einkommen – monatlich bis zu 235 Euro kosten kann.

Wer beim Neusser Modell draufzahlt, sind Menschen ohne Kinder. „Das ist bei den Schulen genauso, die werden auch von unser aller Steuern gezahlt“, so der Stadtsprecher. Noch gebe es keinen Widerstand von Kinderlosen.

Im Weg steht momentan vor allem das (Landes-)Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK): Es schreibt den Kommunen das Eintreiben von Elternbeiträgen vor. Und die Situation hat sich jetzt noch verschärft: Das Land gibt seit diesem Jahr 105 Millionen Euro weniger für die Kindergärten aus. Die Städte sollen selbst sehen, wie sie die fehlenden Gelder einholen. Damit sie das wirklich auch können, will der Neusser CDU-Landtagsabgeordnete Heinz Sahnen im Landtag eine Gesetzesinitiative einbringen. Der Satz: „Die Kommune muss die Kosten umlegen auf die Eltern“ soll in eine Kann-Regelung umgeschrieben werden. Erst dann wäre der Weg frei für ein kinderfreundliches Neuss. NATALIE WIESMANN