„Eigenen Garten vermisst“

MITMACHEN Das Netzwerk Interkulturelle Gärten trifft sich zur Jahrestagung und Vernetzung

■ 35, ist Pressereferent der Stiftungsgemeinschaft Anstiftung & Ertomis, die das Netzwerk Interkulturelle Gärten betreut.

taz: Herr Überall, wofür braucht man interkulturelle Gärten? Es gibt doch Schrebergärten!

Daniel Überall: Das stimmt, aber Schrebergärten haben doch starke, oft einengende Vereinsstrukturen.

Und sie liegen weit entfernt von den multikulturellen Stadtteilen.

Ja. Die interkulturellen Gärten entstehen meist auf Brachflächen des Viertels, in dem die Menschen wohnen.

Wer hat den interkulturellen Garten erfunden?

Das waren vor rund 10 Jahren Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien, die ihre heimischen Gärten und das Selbst-Anbauen von Obst und Gemüse vermissten. Es ging also nicht um Ziergärten. Inzwischen gibt es bundesweit über 130 interkulturelle Gärten.

Woran erkennt man sie?

Einige nennen sich ganz bewusst so, andere leben einfach deren Prinzipien. Und die lauten: Zugänglichkeit für alle im Sinne einer interkulturellen Begegnung.

Was kostet so ein Garten?

Die Kommunen überlassen die Flächen, auf denen die Gärten entstehen, oft unentgeltlich, weil sie sehen, dass das die Viertel – meist solche mit hohem Migrantenanteil – aufwertet. Abgesehen davon fallen kaum Kosten an. Die Initiatoren arbeiten ehrenamtlich, und die meisten Materialien werden geschenkt.

Und wie gründet man einen interkulturellen Garten?

Wir – die Stiftung Interkultur, die das Netzwerk Interkulturelle Gärten betreut – empfehlen immer die Vereinsgründung. Dann gibt es eine juristische Person, mit der die lokalen Verwaltungen verhandeln können. Das macht vieles leichter.

Wie langlebig sind die Gärten?

Oft nur nicht sehr, leider. Die Anfangs-Euphorie ist immer groß. Nach und nach merken die Betreiber, dass viele helfen wollen, und dass man das aufwändig organisieren muss. Das alles wächst den Ehrenamtlichen meist irgendwann über den Kopf. Wie sich das verhindern lässt, versucht unsere Stiftung gerade durch parallel laufende Forschungsarbeiten herauszufinden.

Und wozu dient Ihre heute startende Tagung?

Einerseits dem Kennenlernen der übers ganze Land verstreuten Garten-Initiativen. Andererseits gibt es Vorträge über Umweltgerechtigkeit und Partizipation, auch über den Gesundheitsaspekt interkultureller Gärten. Auch ein Ausflug in den Gemeinschaftsgarten „Gartendeck“ in St. Pauli ist geplant.  INTERVIEW: PS

Jahrestagung des Netzwerks Interkulturelle Gärten: bis 9. Juni, Jugendherberge Hamburg-Horn