Oberster US-Gerichtshof rückt nach rechts

Samuel Alito wird Richter am Obersten Gerichtshof der USA. Gestern bestätigte der Senat seine Berufung, nachdem der Versuch einiger Demokraten gescheitert war, eine Abstimmung zu verhindern. Jetzt steuert die Rechte den Supreme Court

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Der Weg ist frei für die Ernennung des erzkonservativen Richters Samuel Alito für das Oberste Gericht der USA. Noch am Montag waren die oppositionellen Demokraten um den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten John Kerry mit dem Versuch gescheitert, das Senatsvotum zu blockieren und damit Präsident George W. Bush noch Stunden vor seiner Rede zur Lage der Nation eine Niederlage zu bescheren.

Allerdings votierten nur 25 der anwesenden 97 Senatoren für den Antrag, die Abstimmung durch „Filibuster“, zu Deutsch: Dauerreden, zu verhindern. 41 Senatorenstimmen wären dazu notwendig gewesen. Das Senatsvotum war nur noch eine Formsache, nachdem bereits im Vorfeld 57 der 100 Senatoren angekündigt hatten, dem 55-Jährigen ihre Stimme zu geben.

Präsident Bush hatte noch am Montag etwas Werbung für seinen Kandidaten gemacht, indem er erklärte, Alito sei „außerordentlich qualifiziert“, um dem Obersten Gericht des Landes zu dienen. Zahlreiche Demokraten und Bürgerrechtsorganisationen befürchten hingegen, Alito wolle Rechte von Frauen, Armen und Minderheiten einschränken. Mit großer Begeisterung wird der Bush-Mann von der religiösen Rechten unterstützt. Denn in seiner vorangegangenen Kandidatenanhörung hatte er angedeutet, dass er das Supreme-Court-Urteil zur Legalisierung der Abtreibung anzweifeln werde.

Alito werde im Supreme Court einen Rechtsruck verursachen, befürchten Demokraten und BürgerrechtsvertreterInnen. Der demokratische Senator Edward Kennedy, ein scharfer Kritiker der gegenwärtigen Bush-Administration, hatte Alito vorgeworfen, der Regierung in seinen juristischen Kommentaren und Schreiben fast uneingeschränkte Vollmachten zugesprochen zu haben. Dies sei „Besorgnis erregend in einer Zeit, in der das Weiße Haus Macht missbraucht, Folter entschuldigt und legitimiert und amerikanische Bürger ausspioniert“, sagte Kennedy während der Anhörung zur Nominierung Alitos. Damit bezog er sich auf die von Präsident Bush angeordneten Lauschangriffe gegen US-BürgerInnen. Alito hatte sich mit dem Hinweis verteidigt, er sei der Überzeugung, dass niemand sich über das Gesetz stellen dürfe – nicht einmal der Präsident.

Die Tatsache, dass ein wertkonservativer Katholik die ausscheidende Richterin Sandra Day O’Connor ersetzen soll, wird in den USA als Politikum betrachtet: Vier der Obersten Richter gelten als konservativ, vier als eher liberal. Der neunte Richterposten hat damit automatisch die Funktion des Züngleins an der Waage. O'Connor, eine vom damaligen Präsidenten Ronald Reagan ernannte Republikanerin, hat sich in ihren 24 Jahren als Oberste Richterin durchaus nicht immer an die Wünsche ihrer eigenen Partei gehalten. Oft gab sie den liberalen Ausschlag bei Kontroversen um Kirche und Staat, Abtreibung und bürgerliche Freiheiten. Jetzt bestätigt, wird Alito auf Jahrzehnte hinaus den Ausschlag zugunsten der Rechtskonservativen geben.