Centre Pompidou und wenig Konkretes

HUMBOLDTFORUM Die Pläne für den neuen Kulturort in der Stadtmitte sind ambitioniert. Als künftige Nutzer wollen die Staatlichen Museen, die Landesbibliothek und die Humboldt-Uni neue Inhalte vermitteln

Während die äußere Gestalt des Humboldtforums schon weitgehend feststeht, ist das Innenleben noch abstrakt. Ein neuartiges Museum soll entstehen, ein Ort des Weltwissens und der Begegnung im Geiste der Humboldt-Brüder. Der Vorgeschmack auf die künftige Bespielung, den die Humboldtbox und das Humboldtlab in Dahlem bieten, bringt nur wenig Erhellendes. Die Ambitionen sind jedenfalls groß: Allein in die Entwicklung von 40 Probe-Museumsstationen im Humboldtlab fließen vier Millionen Euro.

41.000 Quadratmeter Nutzfläche auf drei Etagen gilt es im modernen Schloss zu füllen. Zum Vergleich: Das Bode-Museum verfügt nur über 11.000 Quadratmeter. Für die Entwicklung des Erdgeschosses ist die Bauherrin Stiftung Humboldt Forum zuständig.

Die „Agora“ als Eintrittsbereich und zentraler Veranstaltungsort soll laut Stiftungssprecher Bernhard Wolter „einen offenen, einladenden Charakter“ haben. Neben Museumsshops und Gastronomie sind Multifunktionsräume für Veranstaltungen geplant. Die ständige Ausstellung „Historische Mitte Berlin – Identität und Rekonstruktion“ soll über die Baugeschichte auf dem Schlossplatz informieren.

Was in den Etagen darüber passieren soll, erarbeiten derzeit die einzelnen Nutzer: die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Zentral- und Landesbibliothek und die Humboldt-Universität. Für die Verknüpfung der Inhalte verpflichtete die Stiftung den Schweizer Martin Heller als Projektleiter. Heller betreute zuvor die Kulturhauptstadt Linz, er kennt sich aus mit kulturellen Großprojekten. Er schwärmt von einem Ort voller Anschaulichkeit – und dem mutigen Bekenntnis der Deutschen zur postkolonialen Auseinandersetzung: Das Humboldtforum soll – mit parlamentarischem Auftrag – für ein respektvolles und gleichberechtigtes Nebeneinander der Kulturen und Nationen stehen.

Ins Schloss werden die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst ziehen. Für die gut 20.000 Objekte steht mit 22.000 Quadratmetern etwas mehr Platz zur Verfügung als am alten Standort Dahlem, den man langfristig aufgeben will: eine Chance, Objekte wie die berühmten Holzboote oder Maya-Statuen in ganz neuem Licht zu zeigen. „Wir werden nicht einfach Dahlem in die Mitte der Stadt transferieren“, betont Bettina Probst, Sprecherin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Man werde sich stärker als bisher mit den Umständen auseinandersetzen, unter denen die Sammlungen aufgebaut wurden. Und wie gleichberechtigte Beziehungen mit den „source communities“ aussehen könnten: Geplant ist eine Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Künstlern aus den Herkunftsländern der Objekte.

Die Humboldt-Universität entwickelt ein offenes Labor auf knapp 1.000 Quadratmetern. Das Helmholtz Zentrum für Kulturtechniken wird dabei die Expertise des neuen Forschungsclusters „Bild, Wissen, Gestaltung“ nutzen. 25 akademische Disziplinen, vom Design bis zur Materialforschung, werden dann zusammenarbeiten, um einem Laienpublikum Wissenschaftsprozesse nahe zu bringen. Vorbild sind die populären Vorlesungen über den Kosmos, die Alexander von Humboldt an der Berliner Universität hielt; und das Centre Pompidou in Paris, das Kultur zum Anfassen bietet. Die Universität will sich als Teil der Wissensgesellschaft präsentieren – das Publikum soll begreifen, wie wichtig Forschung für den Alltag ist. Ein „open design“-Masterstudiengang aus deutschen und argentinischen Studierenden soll passende Präsentationsformen erarbeiten. „Statt einer Forschung über andere wollen wir Forschung mit anderen betreiben“, fasst Institutsdirektor Wolfgang Schäffner zusammen. Den privilegierten Blick des weißen, europäischen Forschers sollen gemeinsame Projekte mit Wissenschaftlern anderer Länder ersetzen.

Die Zentral- und Landesbibliothek plant auf 4.000 Quadratmetern eine „Welt der Sprache“, die Kindern und Jugendlichen die Faszination Sprache näherbringen soll. Ganz auf der Höhe der Zeit werden die multimedialen Mitmachangebote sein, verspricht Anna Jacobi, Sprecherin der Bibliothek. Was konkret auf der Höhe der Zeit bedeutet und einmal dahinter stecken soll, wird derzeit entwickelt.

Alle Nutzer gehen von einer Eröffnung 2019 aus. Eine spätere Fertigstellung des Humboldtforums sei aber kein Problem.

Die Uni kann ihre Ideen bald in einem extra umgebauten Trakt des Naturkundemuseums erproben. Die Bibliothek schielt aufs Tempelhofer Feld. Und die Staatlichen Museen können von Dahlem aus an Ideen für das Humboldtforum tüfteln. NINA APIN