Prinzip Kamikaze

Mit seinem Vorstoß, das Jugendstrafrecht abzuschaffen, sorgt Hamburgs Justizsenator Roger Kusch wieder einmal für Aufsehen. Doch es geht noch besser: drei Vorschläge zur weiteren Profilierung

von Daniel Wiese

Es gab Zeiten, da stand Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) wie eine deutsche Eiche hinter seinem Justizsenator Roger Kusch. Die Koalition mit der Schillpartei ging zu Bruch, weil von Beust sich nicht vorwerfen lassen wollte, er habe mit Kusch, dem ehemaligen Studienkollegen, ein Verhältnis. Schill musste gehen, Kusch blieb.

Seitdem hat sich der Justizsenator zahllose Feinde gemacht. Der bekennende Hardliner legte sich mit den Richtern an, mit den Strafvollzugsbehörden, mit der schwulen Community. Als er im vorigen Oktober eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe forderte, hatte er fast seine ganze Partei gegen sich – und ließ trotzdem einen Gesetzesentwurf ausarbeiten. Erneut für Verärgerung in den eigenen Reihen sorgte Kusch diese Woche mit dem Vorschlag, das Jugendstrafrecht abzuschaffen. Den dort verankerten „Erziehungsgedanken“ hält er für fragwürdig, er fordert eine „strikte Reaktion“ der Justiz.

Ein bisschen Solidarität gab’s aus Hannover: Kuschs niedersächsische Amtsschwester Elisabeth Heister-Neumann (CDU) ist ebenfalls für die Abschaffung des Jugendstrafrechts – allerdings nur bei „Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren“. Aber der Rückhalt bröckelt trotzdem: Nach Rücktrittsforderungen aus der Hamburger Unions-Fraktion soll sogar von Beust Kusch Mäßigung empfohlen haben. Ein gemäßigter Kusch? Das wäre langweilig. Deshalb spielt die taz nord dem Querdenker noch ein paar Bälle zu.