„Ab 2012 könnte endgelagert werden“

Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) will so schnell wie möglich Atommüll im Schacht Konrad lagern. Für die Atommüll-Lagerung in Niedersachsen fordert er von anderen Bundesländern Ausgleichszahlungen

taz: Herr Sander, es gibt hunderttausende Einwendungen gegen die Endlagerung von radioaktivem Müll im Schacht Konrad. Warum verkünden Sie dennoch, nach einem positiven Gerichtsurteil solle die Endlagerung von radioaktivem Abfall dort so bald wie möglich beginnen?

Hans-Heinrich Sander: Nach sehr umfangreichen und intensiven Prüfungen wurde Schacht Konrad als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle von unserer Vorgängerregierung genehmigt. Deshalb werden wir die Bundesregierung nach einem positiven Urteil auffordern, Konrad so schnell wie möglich in Betrieb zu nehmen. Dann könnte ab 2012 endgelagert werden. Das ist auch dringend nötig. Wir quellen mit unseren radioaktiven Abfällen aus allen Nähten. Und auch Gorleben muss so bald wie möglich zu Ende erkundet werden. Die Menschen im Wendland brauchen endlich Klarheit. Hinzu kommt: Jede Zwischenlagerung erfordert enorme Kosten.

Die Konrad-Gegner werden in der Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht möglicherweise auf Verfahrensfehler bei der Planfeststellung hinweisen. Wie ist die Strategie des Landes Niedersachsen?

Für uns ist klar: Die Frage des Transports hat in der damaligen Genehmigung für den Standort nichts zu suchen. Künftige Transporte sind nach geltendem Beförderungsrecht zu prüfen und zu genehmigen. Ich denke, dass die Richter uns da folgen werden. Dass aber ein Urteil noch einmal beklagt wird, kann man nicht verhindern.

Wird Niedersachsen also im Fall eines für das Land negativen Urteils in Revision gehen?

Davon gehe ich aus. Wir haben großes Interesse daran, dass endlich Klarheit in den betroffenen Kommunen herrscht.

Sie schließen nicht aus, dass eines Tages Atommüll aus ganz Europa im Schacht Konrad endgelagert wird. Schüren Sie damit nicht noch mehr Ängste in der Bevölkerung?

Man kann nie etwas ausschließen. Konrad wurde auf 303.000 Kubikmeter Abfall mit geringer Wärmeentwicklung beschränkt, weil mehr in Deutschland nicht anfällt. Ursprünglich wurde aber vom Bund die doppelte Menge beantragt. Man könnte also folgern: Wenn der eine Teil dieses ehemaligen Bergwerks geeignet ist, ist auch der andere Teil geeignet. Dafür wäre aber ein weiteres Verfahren notwendig. Tatsache ist: Wir benötigen ein europäisches Endlagerkonzept. Aber: Wir können diese Frage nicht allein in Niedersachsen lösen.

Was sagen Sie zum Vorschlag von Umweltminister Sigmar Gabriel, die Lasten der Atommüll-Endlagerung nicht allein dem Land Niedersachsen aufzubürden?

Das finde ich interessant. In der Tat muss es einen Ausgleich zwischen dem Norden und dem Süden geben. Mit Geld ist das wohl am einfachsten zu machen. Ich bin deshalb dafür, dass die Bundesländer ohne Endlager den Regionen Salzgitter und auch der Gegend um den Salzstock in Gorleben Ausgleichszahlungen leisten, wenn dort Atommüll endgelagert wird.

An welche Summen denken Sie?

Man muss das verhandeln. Es sollte sich jedoch um Zahlungen im mehrstelligen Millionen-Bereich drehen.

Was soll mit dem Geld passieren?

Damit sollten Strukturmaßnahmen in den betroffenen Regionen finanziert werden, um auch bessere Voraussetzungen für die Ansiedlungen neuer Industrien zu schaffen. Allein die Vorbereitung auf den Betrieb von Schacht Konrad dürfte bereits mehrere hundert Arbeitsplätze schaffen.

Würden Sie sich heute noch einmal mit einem T-Shirt mit dem Atom-Zeichen und der Unterschrift „Kerngesund“ präsentieren – wie 2003 bei einem Besuch im Schacht Konrad?

Nein. Man weiß nie, wie solche symbolischen Handlungen von Journalisten interpretiert werden. Die Kernenergie ruft bei vielen Menschen Ängste hervor. Darauf muss man Rücksicht nehmen. Interview: ksc