Nicht noch ein Toter auf dem Eis

Wowereit muss Kampf gegen Glätte zur Chefsache machen

VON STEFAN ALBERTI

Es gibt ein paar klassische Beispiele für Regierende, die weit von den Problemen ihrer Bürger entfernt sind. „Dann sollen sie doch Kuchen essen“, soll etwa die französische Königin Marie Antoinette gesagt haben, als sich die Armen in Paris kein Brot mehr leisten konnten. In diese Kategorie hat sich mehr denn je der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eingeordnet, als er jetzt zur lebensgefährlich gewordenen Glätte sagte, „dass da keiner mehr verantwortlich ist“.

Hallo? Keiner mehr verantwortlich? Juristisch hat der Mann zwar recht – das Gesetz verpflichtet die Hauseigentümer und nicht generell das Land, Gehwege begehbar zu machen. Doch das klappt sichtlich nicht. Wo es aber mit dem Delegieren nicht klappt, muss der Staat selber ran. Drei Tote und hunderte Verletzte infolge der Glätte müssten ausreichen, um Wowereit klarzumachen, dass jetzt er in der Verantwortung ist.

Staatsdiener müssen ran

Denn wer ist der Regierungschef in diesem Land? Wer ist denn Herr über 100.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst? Wäre es denn so unmöglich gewesen, Beamten und Angestellten zu sagen: Lasst Bebauungspläne oder Steuerbescheide einen Tag liegen, hackt stattdessen mit mir Eis und nehmt als Staatsdiener die zentrale Aufgabe des Staates wahr: für die Unversehrtheit der Bürger zu sorgen?

Wowereit könne sich doch nicht um alles kümmern, sagt sein Sprecher in solchen Fällen. Muss er auch nicht, jedenfalls nicht in diesen Wochen. Bundespolitik, Klimaschutz, Integration, alles löblich. In diesen Tagen aber sollte allein Chefsache sein, dass die Bürger dieser Stadt unverletzt von A nach B kommen. Das scheint Wowereit immer noch nicht begriffen zu haben.