GEW contra Haasenburg

KINDESWOHL Bildungsgewerkschaft ruft Jugendämter dazu auf, keine Kinder in das Heim zu schicken. Dessen Träger verlangt Unterlassungserklärung

Die Gewerkschaft hat sich juristisch beraten lassen und bleibt bei dem Aufruf

Nach der Gewerkschaft Ver.di hat nun auch die GEW-Hamburg einen Aufruf verfasst, der sich gegen die Unterbringung von Kindern aus Hamburg in den Heimen der brandenburgischen Haasenburg wendet. Der Träger hat seine Anwälte eingeschaltet und verlangt eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. Die will die GEW nicht abgeben.

„Wir sind der Auffassung, dass unser Aufruf von der Meinungsfreiheit gedeckt ist“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Fredrik Dehnert. Deshalb habe man den Aufruf weiter auf der Homepage stehen. Im Zweifel werde man die Sache vor Gericht klären.

Der Aufruf bezieht sich auf eine Diskussionsveranstaltung vom 25. März des Vereins „Anwalt des Kindes“, bei der ein 19-Jähriger Ex-Insasse dem Fachpublikum berichtete, was er mit 16 und 17 Jahren in der Haasenburg erlebte. Im GEW-Text heißt es nun, dass beim Träger Haasenburg GmbH „Menschenrechtsverletzungen augenscheinlich Teil einer verurteilungswürdigen Praxis gegenüber den aufgenommenen Jugendlichen sind“. Zudem sei man empört über die durch Medienberichte und parlamentarische Anfragen der Linken und der Grünen bekannt gewordenen „kindeswohlgefährdende Zustände“.

Weiter heißt es, die GEW Hamburg sei der Meinung, dass sich eine Unterbringung zum Wohle des Kindes durch diesen Träger ausschließe. Auch sähen sich die im Bildungsbereich tätigen Mitglieder unter diesen Bedingungen nur schwer in der Lage, mit den Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD) zusammenzuarbeiten, „wollen sie nicht Anlass sein, dass Jugendliche in die Haasenburg eingewiesen werden“.

Eine Anwältin der Kanzlei Bernzen Sonntag Rechtsanwälte verlangte im Auftrag der Haasenburg GmbH von der Gewerkschaft eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. „Die Kanzlei beanstandet die Formulierungen ‚Menschenrechtsverletzungen‘ und ‚kindeswohlgefährdend‘“, berichtet Dehnert. „Dies sei Schmähkritik und unterliege nicht mehr der Meinungsfreiheit.“ Dabei beziehe sich die Juristin auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1990. Demnach wird eine Äußerung zur Schmähung, „wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht“.

Die GEW hat sich juristisch beraten lassen und bleibt bei dem Aufruf. „Wir als Bildungsgewerkschaft sehen uns berufen, zu solchen Themen Stellung zu nehmen“, sagt Dehnert. Es handle sich um einen Meinungsstreit um Form und Umstände von Heimunterbringung. „Wir haben da nichts zurückzunehmen.“ In den drei Heimen sind laut der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linken derzeit zwölf Kinder im Alter von 13 bis 16 Jahren untergebracht.  KAJ

Diskussion „Aus den Augen, aus dem Sinn“: 19. Juni, Curiohaus