Der Nischensucher

BÜCHER Am Sonntag kommt Martin von Arndt nach Bremen, um aus seinem neuen Roman „Der Tod ist ein Postmann mit Hut“ zu lesen

von Jan Zier

Es ist ein Buch für „Spinner“, sagt Elke Heidenreich, die Literaturkritikerin. Aber sie hat das durchaus liebevoll gemeint – auch wenn sie findet, dass die Protagonisten aus Martin von Arndts „Der Tod ist ein Postmann mit Hut“ fast alle irgendwie „einen Knall“ haben. Zum Beispiel Julio C. Rampf, ein Gitarrist, ein Anti-Held, der gegenwärtigen Welt ein wenig überdrüssig. Seit Jahren lebt er davon, musikalische Klassiker für chinesische Schnellimbisse aufzubereiten. Nirvanas „Smells like teen Spirit“ etwa. „Mich interessieren Figuren, die nicht so richtig funktionieren“, sagt der Autor dazu.

Am Sonntag kommt Martin von Arndt wieder einmal nach Bremen, um im Lagerhaus aus eben diesem, im Herbst veröffentlichten Roman zu lesen – im Rahmen der Reihe „Wort: Injektion“. 2008 war er schon mal hier, sozusagen im Rahmen einer kleinen Club-Tour. Im „Lonely Planet Boy“ am Sielwalleck, das inzwischen leider Geschichte ist, las er damals im kleinen Kreis aus „ego shooter“. Eine in vielerlei Hinsicht kompromisslose Geschichte aus dem Leben eines Computer-Junkies. Inzwischen hat ihn die ZEIT zum „angehenden Autor von Rang und Namen gekürt“. Ablesen kann man das wohl daran, dass er 2008 beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt eingeladen war. Dennoch hat er im Norden mitunter Geheimtipp-Status.

„Der Tod ist ein Postmann mit Hut“ beginnt damit, dass Monat für Monat ein leeres Blatt Papier als Einschreiben kommt. Was zunächst vor allem den Reiz der Absurdität hat, ist der Beginn einer Reise in existenzielle Fragen. Die dem Buch in der Kritik schnell das Attribut „kafkaesk“ eingetragen hat. Hernach nimmt der Roman Elemente eines Krimis an, der „Grantler“, ein pensionierter Kriminalbeamter, kommt ins Spiel, und am Ende – ist die eigentliche Frage immer noch offen. Macht aber nichts.

Martin von Arndt ist einer, der sich „in der Gesellschaft nicht besonders wohl fühlt“, wie er sagt, der eine Nische sucht.Was ihn mitunter mit seinen Romanfiguren verbindet. Früher, da hatte er selbst eine solche besetzt – aber eben nicht als Schriftsteller, sondern als Texter, Saxophonist und Sänger von „Printed at Bismarcks‘s Death“, einer Indie-Band, deren Musik man am ehesten noch als Electro-Gothic rubrizieren könnte, die aber auch Jazz-Einflüsse hat. Vier Alben hat die Band produziert, bevor sie Ende der Neunziger, nun ja, auf Eis gelegt wurde. „Jedes klang völlig anders“, sagt von Arndt, „aber heute funktioniert das musikalisch nicht mehr.“ Es sei denn, es komme aus den USA. Musik macht er heute kaum noch, es sei denn, als Gast.

Aber in der Musik, sagt von Arndt, da ist die Gesellschaft „noch offener“. Während im Literaturbetrieb, doch immer noch eine „tradierte Kulturbourgeoisie“ das Wort führe, um nicht zu sagen: „Eine Kulturmafia.“ Andererseits: Martin von Arndt kann sich „so recht nicht beklagen“, das weiß er selbst. Er könne „in den letzten Jahren ganz gut von Buchverkäufen leben“, wenn auch nicht von Romanen allein, aber da sind ja auch noch die Sachbücher: Von Arndt ist schließlich noch promovierter Religionswissenschaftler, Fachmann für tiefenpsychologische Bibelexegese, dazu Vertreter des Jahrganges 1968. Und ein Kämpfer wider die kommerzialisierte „Hoch-Konformitäts-Gesellschaft“, wie er das nennt. Aus seinem aktuellen Roman habe sich die Politik ja noch „rausgehalten“. Aus seinem nächsten nicht: Er spielt in Weißrussland, „Europas letzter Diktatur“.

Martin von Arndt: Der Tod ist ein Postmann mit Hut, Tübingen: Klöpfer & Meyer 2009, 17,90 Euro

Sonntag, 21. Februar um 19 Uhr im Lagerhaus, Eintritt frei