schurians runde welten
: Im Dienst für Margot Honecker

„Ingo hat keine Leiche im Keller. Er war jung und naiv!“ (Kati Witt)

Ingo Steuer interessiert mich nicht wirklich. Ostdeutsche Eiskunstläufer sind etwas für Frauen, die pralle männliche Oberschenkel mögen oder eingesprungene Pirouetten oder Norbert Schramm, Sarajevo 1984: Das Idol der Drehfigur winkelte zu Elektropop die Arme an, drehte puppig seine Handflächen, was in rasender Drehung aussehen sollte wie eine vielarmige indische Gottheit. Weil das ganze aber tatsächlich einem Strickmuster für schreibunte Acrylpullover glich und nur für den neunten Platz langte, schien auch Schramm immer selbstvergewissernd ins Publikum zu schauen, als fürchte er sich davor, sich gerade zum Volldeppen zu machen. Womit er ja nicht ganz falsch lag.

Katarina Witt bleibt bis heute die einzige Eiskunstläuferin, die so selbstverständlich übers Eis laufen konnte, dass niemand sich fragte, warum Menschen eigentlich Hallen bauen, um sie unter Wasser zu setzen, es frieren zu lassen, sich Schnürstiefel anzuziehen und Fummel, um auf Metallkufen die glatte Fläche aufzukratzen, bis der Hallenwart mit der Eismaschine kommt, um die Schrunden wiederum einzuebnen. Wenn die Witt lief, vergaß man die prinzipielle Sinnlosigkeit des Wintersport und auch die lähmende Vergeblichkeit des DDR-Sozialismus, dem sie lange mit der ihr eigenen Leichtigkeit die Treue hielt, obwohl der Kalte Krieg schon seit Jahren beendet war.

Lustig: Paarlauftrainer Ingo Steuer – erst DDR-Star, dann mit Mandy Wötzel auch Olympiateilnehmer und Weltmeister für die BRD – darf als Coach nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Turin reisen, weil er Mitarbeiter der Stasi war und das kaum geleugnet hat. Dass er als IM ausgerechnet Kati Witt ausspioniert haben soll, ist mindestens so staatsfeindlich verwerflich wie ein Spitzeldienst gegen Margot Honecker.

4.2. Schalke – Dortmund

Dortmund reist am Samstag mit gestärkter Brust nach Gelsenkirchen. Genauer: Der bisherige Trikotsponsor Eon schenkt den Borussen zwei Millionen Euro zum Vertragsabschied. In der nächsten Saison will die RAG auf die gelbschwarze Wäsche. Auch das klingt nach einem Eon Geschenk, die halten nämlich 40 Prozent der RAG-Aktien. Trotzdem: Warum steigt die Ruhrkohle beim Stahlarbeiterclub Borussia ein und nicht bei den Bergmannsknappen?

Was Schalke trösten dürfte: Künftig müssen auch die BVB-Profis Grubenfahrten machen und auf Fototerminen mit verdreckten Gesichtern erscheinen, um staunend von der harten Maloche unter Tage zu sprechen, dass man sich fragt, wofür die Kicker eigentlich Geld bekommen.