Berliner Platten
: Die Welt in Musik geschrieben: die 17 Hippies gehen mit Gitarrenverstärkung gern dabei tanzen und Monotekktoni will sich ihre Verwirrung schon auch strategisch anmerken lassen

Monotekktoni: „How to reduce power consumption to a minimum“ (Sinnbus/Alive) Konzert 4. 2., Supamolly

Was ist die Welt? Die Welt ist natürlich ein Rummelplatz, der hier noch mit elektrischen Gitarren aufgepeppt wird, bei „17 Hippies play guitar“, dem aktuellen Album der 17 Hippies. Es handelt sich dabei um einen Konzertmitschnitt. Eine gute Ergänzung zur „IFNI“-Platte der Hippies, weil vor allem Stücke dieses Albums gespielt wurden. Wenn man also gern so eine Großstadtklezmermusettequerbeetfolklore hört und damit Fan der Hippies ist, braucht man auch „17 Hippies play guitar“, zumal mit den beiden Gastgitarristen die Musik noch einen Surf-Appeal bekommen hat, und man braucht sie, wenn man als Liebhaber von Element of Crime das ganze Drumherum von dieser Band haben will, weil es da erstens einige musikalische Gemeinsamkeiten gibt, und zweitens hier Element-of-Crime-Musiker Jakob Ilja einer der Gastgitarristen ist.

Der zweite ist Marc Ribot, und wenn man sich jetzt im Speziellen für den experimentellen Anteil von dessen Arbeit interessiert, braucht man die Hippies-Platte nicht ganz so unbedingt. Weil da hat man von Ribots eigenen Projekten oder denen mit John Zorn mehr. Hier gibt es eher den versierten Handwerker zu hören, der Ribot eben auch ist, bei dieser schmissigen Simulation einer Balkankneipe mit dem einen Takt sehnsüchtiger Schmerz und den zwei Takten fröhlich aufstampfender Tanztaumel. So hält man jede Welt aufs Angenehmste aus.

Aber die Welt ist schlecht, einerseits, und andererseits lässt sich das doch gar nicht immer so sagen … ach, man könnte darüber verzweifeln. Tonia Reeh macht sich so ihre Gedanken, die Musikerin von Masonne, die sich bei ihren Soloprojekten Monotekktoni nennt. „How to reduce power consumption to a minimum“ nennt sich das neue Album, und auf dem Cover ist die Zeichnung von einem Don Quichotte im Angriff auf die Windmühlen zu sehen.

Weite Wege. Zuerst ist das eine ruhige, zurückgenommene Liederplatte. Gesungen wird in Englisch und auch in Deutsch, und dabei kommt etwas Blumfeld mit ins Spiel, während es die Musik mit heruntergedimmter DAF-Motorik auf den Tanzboden treibt und die Musikerin schließlich fordert: „Schieß mir ein Loch in den Kopf.“

17 Hippies play guitar (Hipster-Records/Soulfood)

Aber da wird es schon um existenzialistische Erfahrungen gehen, außerdem finden sich immer genug Gründe für wenigstens eine kleine Paranoia. Jetzt tanzt man auf dem Album vor allem den elektronischen Schieber. Nervös flackert es hinter Milchglas, und dann schieben sich doch wieder die Melodien hin zum wärmenden Licht, kurz findet Monotekktoni im Klavieretüdischen Entspannung und kommt schließlich in den letzten Titeln von „How to reduce power consumption to a minimum“ wieder zu einem reduzierten Pop. Das alles ist gar nicht wirr, eher vielleicht ein Tick zu strategisch und fast schon trotzig in seinen zerquälten Momenten. Aber irgendwann wird es von Tonia Reeh auch die Platte nur mit den leichtherzigen sanften Popsongs geben. Bestimmt. Ihr aktuelles Album stellt sie am Samstag mit einem Konzert im Supamolly vor. THOMAS MAUCH