Atomare Spaltung bei Iran-Gesprächen

Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO beginnt Beratungen über eine Einschaltung des UN-Sicherheitsrats in den Streit mit dem Iran. Einige Länder wollen den entsprechenden Resolutionsentwurf ablehnen

WIEN afp/dpa ■ Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) hat gestern in einer Dringlichkeitssitzung in Wien mit Beratungen über eine Anrufung des UN-Sicherheitsrats im Atomstreit mit dem Iran begonnen. Der Streit sei in einer „kritischen Phase“ angelangt, sagte IAEO-Direktor Mohammed al-Baradei. Von einer Krise oder gar einer „drohenden Gefahr“ könne aber keine Rede sein. Mit einer Entscheidung war nach Diplomatenangaben erst am Freitag oder gar Samstag zu rechnen.

Die 35 Mitgliedstaaten des IAEO-Gouverneursrats sollten auf ihrer Sondertagung über eine von dem EU-Trio aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien entworfene Entschließung zur Anrufung des Sicherheitsrats entscheiden. Darin wird der Iran unter anderem aufgefordert, zur „vollen Aussetzung aller Aktivitäten im Zusammenhang mit der Urananreicherung, einschließlich der für Wissenschaft und Forschung, zurückzukehren“, das Zusatzprotokoll zum Atomsperrvertrag zu ratifizieren und den Bau eines Schwerwasser-Versuchsreaktors zu überdenken. IAEO-Generaldirektor Mohammed al-Baradei wird gebeten, „den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu informieren, dass der Gouverneursrat diese Schritte von Iran fordert“. Außerdem solle er dem Sicherheitsrat Kopien aller bisherigen Iran-Resolutionen und aller bisherigen Berichte über Irans Atomprogramm übermitteln. Empfehlungen oder Forderungen an den Sicherheitsrat sind in der Entschließung nicht enthalten. Die Resolution äußert sich zudem sehr besorgt über einen geheimen IAEO-Bericht, demzufolge Teheran Dokumente besitzt, die sich auf den Bau von Zubehör für Atomwaffen beziehen.

Resolutionen werden im Gouverneursrat traditionell einvernehmlich verabschiedet. Dies streben auch die westlichen Länder für die Anrufung des Sicherheitsrats an. Deswegen ist das EU-Trio auf Russland und China angewiesen. Diese beiden Länder signalisierten nach Diplomatenangaben ihre Unterstützung. Moskau habe keine Einwände, den Sicherheitsrat über die Arbeit der IAEO im Iran zu informieren, sagte der russische Botschafter in Wien, Gregori Berdennikow. An sofortigen Strafmaßnahmen gegen Teheran sei sein Land jedoch nicht interessiert. Venezuela und Kuba kündigten zunächst an, mit Nein stimmen zu wollen.

US-Botschafter Gregory Schulte erklärte in Wien, eine Einschaltung des Sicherheitsrats werde den Druck auf den Iran erhöhen, eine friedliche diplomatische Lösung anzustreben. „Wir wollen weder Sanktionen, noch wollen wir dem iranischen Volk das Recht zur friedlichen Nutzung der Kernenergie absprechen“, betonte er. Mit Rücksicht auf Moskau hatten die USA auf ihre Forderung nach sofortigen Strafmaßnahmen des UN-Sicherheitsrats verzichtet. Das Gremium soll nun den Bericht abwarten, den al-Baradei bei der Sitzung des Gouverneursrats am 6. März vorlegen will. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bekräftigte erneut den Willen seiner Regierung, an ihrer Atompolitik festzuhalten.