Mütter appellieren an Geiselnehmer im Irak

Ultimatum der Entführer läuft spätestens am heutigen Freitag ab. Krisenstab hat offenbar noch immer keinen Kontakt

BERLIN rtr/ap ■ Rund eineinhalb Wochen nach der Entführung der beiden deutschen Ingenieure im Irak hat die Bundesregierung offenbar noch keinen Kontakt zu den Geiselnehmern aufbauen können. „Was die Arbeit des Krisenstabes angeht, kann ich Ihnen sagen, dass wir natürlich unverändert dabei sind, Kontakte herzustellen“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gestern. Neue Einzelheiten könne er zu der Entführung nicht mitteilen.

Die Mütter der Ingenieure Thomas Nitzschke und René Bräunlich baten die Entführer in einem Fernsehappell um „Barmherzigkeit und Gnade“. Ihre Söhne seien unschuldig. „Thomas und René sind ohne politischen Hintergrund in den Irak gereist. Sie hatten nie die Absicht, Ihrem Land zu schaden“, sagten die Leipzigerinnen in einem Beitrag, den die ARD gestern ausstrahlte. „Wir haben unsere Söhne im Fernsehen gesehen. Wir haben große Angst um ihr Leben.“

Unklar blieb, wann das Ultimatum ausläuft, das die Entführer der Bundesregierung gesetzt haben. In einer Videobotschaft hatten die Geiselnehmer eine Frist von 72 Stunden angegeben. Andernfalls würden die beiden Deutschen getötet. Das Video war auf den 29. Januar datiert, wurde aber erst später ausgestrahlt. Die Geiselnehmer verlangen von Deutschland ein Ende der Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung und eine Schließung der Botschaft in Bagdad. Zudem fordert die Gruppe Ansar al-Tauhid wa-Sunna den Abzug aller deutschen Unternehmen aus dem Irak.

Für den Abend waren die Bürger zu einer weiteren Mahnwache vor der Leipziger Nikolaikirche aufgerufen. Die Muslime in Leipzig verurteilten die Verschleppung und forderten die Freilassung der Männer. Der Imam der Al-Rahman-Moschee, Hassan Dabbagh, kündigte an, die Verschleppung beim Freitagsgebet zum wiederholten Mal anzusprechen: „Solche Handlungen sind in unserer Religion verboten.“ Er appellierte an die Geiselnehmer, die Männer freizulassen. „Wir verurteilen diese Taten, egal wer es gemacht hat“, sagte er.

Er bat darum, die Geiselnahme nicht automatisch mit dem Islam zu verbinden. „Unsere Stimme ist aber leider nur ein kleiner Fisch in einem großen Meer, in dem Wale den Ton angeben“, sagte der Imam. In Leipzig leben nach Angaben des dortigen Ausländerbeauftragten Stojan Gugutschkow rund 5.000 Muslime.