Merkel hält Mütterrenten für finanzierbar

FINANZEN Kanzlerin verteidigt bei Industrie-Tagung ihre umstrittenen Wahlversprechen – und bietet der Kritik der Wirtschaft auch ansonsten Paroli. Steinbrück verspricht hingegen, die Firmen zu schonen

BERLIN taz | Wenn die Wirtschaft ruft, kommen sie alle: Mit Angela Merkel, Peer Steinbrück, Horst Seehofer, Philipp Rösler und Katrin Göring-Eckardt konnte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) am Dienstag die Spitzenkandidaten von fünf der sechs im Bundestag vertretenen Parteien als Redner bei seiner Jahrestagung begrüßen – und mit den Forderungen nach strikter Finanzdisziplin, billigerer Energie und weniger staatlichen Regeln konfrontieren.

Doch während FDP-Chef Rösler und CSU-Mann Seehofer sich diesen Wünschen gern unterwarfen und Schuldentilgung zur obersten Priorität erklärten, gab die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Merkel dem BDI kontra und verteidigte die von ihr kürzlich in Aussicht gestellten neuen Sozialleistungen. So sei die vorgeschlagene Anhebung der Renten von Müttern, die in der Vergangenheit wegen Kinderbetreuung nicht erwerbstätig waren, ohne zusätzliche Haushaltsmittel umsetzbar, sagte Merkel. „Der bestehende Bundeszuschuss an die Rentenversicherung reicht dafür aus.“ Allerdings würde durch eine solche Umwidmung der staatlichen Zuschüsse der Überschuss sinken, den die Rentenversicherung derzeit erwirtschaftet und der anderenfalls für eine Senkung der Rentenbeiträge verwendet werden könnte. Zudem würden dadurch an anderer Stelle Gelder eingespart, wenn Rentnerinnen keine Grundsicherung wegen zu geringer Rentenhöhe mehr benötigten.

Bezüglich ihrer weiteren Wahlversprechen – etwa höherer Kinderfreibeträge und mehr Investitionen – bestätigte Merkel, dass diese nur umgesetzt werden sollen, wenn sie ohne Steuererhöhungen und trotz Schulden-Rückzahlung finanziert werden können. Angesichts der guten Beschäftigungslage sei das aber durchaus möglich. Auch die von der Union geplante „tarifliche Lohnuntergrenze“ verteidigte Merkel gegen Kritik der Wirtschaft.

SPD-Herausforderer Peer Steinbrück gab sich hingegen alle Mühe, der Industrie die Angst vor einer möglichen rot-grünen Regierung zu nehmen. Unter Verweis auf deren „engagierte und couragierte Politik“, die in der Vergangenheit die Agenda 2010 möglich gemacht habe, versprach er auch für die Zukunft Rücksichtnahme auf die Wirtschaft. „Bei der Vermögenssteuer wird es keine Substanzbesteuerung geben“, versprach er. Auch bei der geplanten Erhöhung der Einkommensteuer sollten Unternehmer durch Freigrenzen für Personengesellschaften geschont werden. Auch Göring-Eckardt betonte, dass die Steuerpläne ihrer Partei keinesfalls die Substanz von Unternehmen treffen sollen. Die Linkspartei war vom BDI übrigens nur zum Zuhören eingeladen worden, nicht zum Reden. MKR