Britneys mächtige Spucke

Die DASA in Dortmund zeigt eine Sonderschau zum Thema Musik. Wenn alles gut läuft, bilden die Exponate nachher den Grundstock des in der Gründung befindlichen „Museum Of Modern Music“

Musik im Museum? Schwierig. Wer noch nie in der Oper war, wird hier keine Lust auf sie entwickeln

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Es wummert und wummert, und irgendwo krepiert eine Geige. Oder ein Cello? Was auch immer, jedenfalls befinden wir uns auf der Piazza des „global village“, dem Zentrum der aktuellen Sonderschau „Macht Musik“ in der Deutschen Arbeitsschutzausstellung (DASA) in Dortmund. 13 Häuser fügen sich hier derzeit zu einem kleinen Musikdorf zusammen, eingerichtet nach verschiedenen Themen, zu Rock zum Beispiel, zu Perkussion oder Instrumentenbau. Manchmal ist das Haus auch ein Zelt, dann dreht sich gerade alles um Schamanen und deren musikalischen Heilkünste. Und da wummert es erst recht.

Macht Musik. Einerseits will die von DASA-Leiter Gerhard Kilger konzipierte Schau aufzeigen, was Musik bei Menschen bewirkt, welche Macht sie besitzt. Andererseits ist der Titel auch auffordernd zu verstehen: Macht Musik! Musiziert! Was der Junge im Raum „Rock“ gleich wörtlich nimmt und „one, two, three, four“ in ein Mikro grölt, während sein Freund vis-à-vis das Schlagzeug malträtiert. Ja, die Jungs dürfen das. Denn jedes Instrument hier darf, nein: soll sogar ausprobiert werden. Das ist die Besonderheit dieser Ausstellung: Dass sie, im Gegensatz zur zeigefingernden Verbotskultur, die sonst in Museen herrscht, zum Mitmachen anregt.

In der reinen Musealisierung von Musik hingegen schwächelt die Schau zuweilen: Musik im Museum? Schwierig. Im Raum „Oper“ zum Beispiel: Hier plätscher eine Ouvertüre aus „Tristan und Isolde“ aus den Lautsprechern, eingespielt von den Berliner Philharmonikern. Dazu ist ein Foto, ein Bühnenmodell und ein Kostüm aus der Stuttgarter Inszenierung von Luk Perceval zu bestaunen. Wer noch nie in der Oper war, wird sich hier garantiert nicht für sie begeistern. Und besagtes „Rock“-Haus, das einem Proberaum nachempfundenen ist, bemüht sich mittels Fleckenteppich, Flokati und durchgenudeltem Sofa sehr ausdrücklich um verwegene Rock-Authentizität. Wenngleich dieses Haus noch von einer gewissen Aura durchweht wird.

Andere sind da schon musealer, steriler gehalten, aber auch sehr modern. Oder sie sind gnadenlos überhöht wie das von der WDR-Jugendwelle Eins Live ausgestattete Haus zum Thema „Musikkult“. Zahnbespangte Fans kollabieren hier sogleich: Denn hinter Glas steht, umgeben von rosafarbenem Plüsch, neben anderem von Starhand oder -mund geweihten Müll ein saftbekrustetes Glas, das vor Jahren von Britney Spears bespeichelt wurde. Worum ging es noch? Um die Macht der Musik? Mächtige Spucke.

Bis Oktober ist die Ausstellung noch zu sehen, flankiert von einem pädagogischen Beiprogramm und einer Fotoausstellung mit Bildern des Dortmunders Carl van der Walle, die am 12. Februar beginnt. Dann wandert die Schau: nach Kopenhagen, Helsinki, Stockholm, vielleicht nach Paris. Hernach könnte sie dann, wenn alles gut läuft, dauerhaft in Dortmund angesiedelt werden und den Grundstock bilden für das in der Gründung befindliche „Museum Of Modern Music“ (MOMM).

Der Verein zur Gründung dieses Museums hat, wie auch der Radiosender Eins Live, an der Konzeption von „Macht Musik“ mitgewirkt. Als Standort für MOMM wird eine alte Stahlhalle im Dortmunder Dienstleistungspark Phoenix West gehandelt. Bislang fehlt allerdings noch eine wichtige Zutat: Geld. Kommunal ziert man sich, die Landeskassen sind sowieso leer, und nach der Unterstützung des mit Fördergeldern floppenden Pop-Museums in Gronau ist man in Düsseldorf vorsichtig mit ähnlichen Projekten.

Dabei haben die MOMM-Macher Großes vor: konzeptionell wollen sie sich an der „Rock and Roll Hall of Fame“ in Cleveland orientieren. Hossa! Und dann sollen sich um das Museum noch Musikfirmen ansiedeln. Doch bis es so weit ist, trinkt Britney noch etliche Saftgläser leer.