DIE KONSERVATIVEN IDEEN ZUR INTEGRATION ZEUGEN VON HILFLOSIGKEIT
: Placebo-Konzepte

In der Debatte um eine bessere Integration von Zuwanderern und ihren Kindern scheint die Union nur ein einziges Mittel zu kennen: Zwangsmaßnahmen. Innenminister Schäuble denkt laut darüber nach, das Nachzugsalter von ausländischen Ehepartnern heraufzusetzen, Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger sinniert über eine allgemeine Deutschpflicht auf den Schulhöfen seines Landes, und die Innenminister der Union fordern, dass alle einbürgerungswilligen Ausländer in Zukunft bundesweit Einbürgerungstests und Staatsbürgerkurse über sich ergehen lassen müssen. Die Kosten sollen die Bewerber allerdings selbst tragen. Denn: Integration darf den Staat nichts kosten. Nur die Einwanderer.

Diese Vorschläge zeugen nicht nur von ungebrochenem Misstrauen gegenüber Migranten. Allen Migranten wird pauschal der Unwille zur Integration unterstellt, den sie mittels Einbürgerungstests bitte schön erst einmal zu widerlegen haben. All diese Ideen künden aber auch von einer erschreckenden Hilflosigkeit.

Zum Beispiel Deutschpflicht. Dass viele Kinder der dritten Zuwanderergeneration kaum gutes Deutsch beherrschen, ist ein Problem. Ein Problem, das man aber nicht allein den Familien anlasten kann. Zu lange hat man es versäumt, die Schulen mit den nötigen Mitteln auszustatten, Lehrer zu entlasten und Unterrichtsmethoden zu überdenken. Gelitten haben darunter vor allem solche Schüler, die aus sozial schwachen Familien mit Migrationshintergrund stammen. Dass sich Eltern, Lehrer und Schüler an einer Schule in Berlin-Wedding selbst dazu verpflichtet haben, dass auf ihrem Pausenhof Deutsch gesprochen wird, zeigt aber auch, wie groß bei vielen der Wunsch und die Bereitschaft ist, diese Situation zu verändern.

Mit einer Deutschpflicht auf dem Pausenhof, wie von manchen nun gefordert, ist aber nichts gewonnen. Nötig sind finanzielle Mittel und Maßnahmen, das Problem im Unterricht anzugehen. Denn das Lernklima und die Leistungen sind an manchen Schulen „echt krass“ . Und die Lage viel zu ernst für Placebo-Konzepte. EDITH KRESTA