„Dann fliegt denen der Laden um die Ohren“

Michael Prütz vom WASG-Landesvorstand in Berlin warnt die Parteiführung vor einer bundesweiten Urabstimmung vor dem Parteitag. Der interne Dauerstreit werde so nicht beendet. Einen Boykott der Abstimmung lehnt er jedoch ab

taz: Was halten Sie von dem Plan, noch vor dem WASG-Bundesparteitag eine bundesweite Urabstimmung über die umstrittene Fusion mit der Linkspartei und die Doppelmitgliedschaften abzuhalten?

Michael Prütz: Ich empfinde das als völlig kontraproduktiv. Mit diesem bürokratischen Manöver soll die bundesweite Debatte über diese Fragen abgewürgt werden. Dahinter steckt die nackte Angst vor dem demokratischen Dialog.

Man kann auch vermuten, dass die Berliner WASG-Führung schlicht eine verheerende Niederlage der Fusionskritiker befürchtet.

Nein, ich habe keine Angst vor der Urabstimmung. Es handelt sich ja nicht nur um ein paar Dutzend linksradikale Spinner in Berlin, die gegen diese Art der bürokratischen Fusion von oben sind. Die Leute spüren, dass hier de facto eine feindliche Übernahme organisiert werden soll. Mein Eindruck ist, dass die Zahl der Gegner dieses Kurses wächst.

Warum freuen Sie sich dann nicht, dass die Urabstimmung diese Tatsache klarstellen wird? Zumal ja Ihr Landesverband demnächst selbst ein Basisvotum einholen wird zu der Frage, ob die Berliner WASG mit einer eigenen Liste zur Wahl antritt oder nicht.

Der entscheidende Unterschied ist, dass wir vor der Urabstimmung einen Landesparteitag veranstalten und nicht umgekehrt. Das heißt, die Mitglieder haben zunächst die Möglichkeit, sich breit zu informieren.

Ich möchte nicht wissen, was der Bundesvorstand gesagt hätte, wenn wir unsere Urabstimmung vorher angesetzt hätten. Mit einer bundesweiten Urabstimmung vor dem Parteitag entwertet man doch völlig den demokratischen Willen der Delegierten.

Wann könnten Sie denn eine bundesweite Urabstimmung gutheißen?

Nach dem Bundesparteitag der WASG Ende April wäre ein solches Votum völlig in Ordnung.

Die Befürworter der Urabstimmung hoffen, so die lautstarken Dauerquerelen um den Fusionsprozess zu beenden. Wird Ihr Landesverband im Falle einer Niederlage einknicken und Ruhe geben?

Ich kann vor dieser Illusion nur warnen. Genau das Gegenteil wird passieren. Das wird die Polemik eher noch steigern und ist deshalb taktisch unklug. Wir lassen uns doch nicht bürokratisch vorführen und uns in eine Situation bringen, wo der Mitgliederwille im Berlin völlig entwertet wird. Wenn das Votum als Basis für Sanktionen genutzt werden soll, dann fliegt denen der ganze Laden um die Ohren.

Werden Sie eine Urabstimmung gegebenenfalls boykottieren?

Persönlich halte ich davon nichts. Im Landesvorstand haben wir uns über diese Frage aber noch nicht verständigt.

INTERVIEW: ASTRID GEISLER