WASG streitet um Ende der Streitereien

Krisentreffen in Berlin: Die Spitzen der Wahlalternative diskutieren über Wege aus den innerparteilichen Flügelkämpfen. Protest gegen den Vorstoß von Bundesvorstand Klaus Ernst, eine Urabstimmung über die Fusion mit der PDS anzusetzen

AUS BERLIN ASTRID GEISLER

Es war eine Premiere in der Parteigeschichte – allerdings eine mit unerfreulichem Anlass. Erstmals hatte der WASG-Bundesvorstand die Spitzen aller Landesverbände in Berlin zusammengetrommelt. Thema der gestrigen Krisenrunde: Wie kann die Partei das innerparteiliche Tohuwabohu um die geplante Fusion mit der Linkspartei beenden?

Auf der Tagesordnung stand ein Vorschlag, für den sich Bundesvorstand Klaus Ernst in der Samstags-taz stark gemacht hatte: eine bundesweite Urabstimmung über den umstrittenen Fusionskurs noch vor dem Bundesparteitag im April. Ergebnisse des Treffens hinter verschlossenen Türen waren bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Laut der WASG-Satzung muss eine Urabstimmung von mindestens drei Landesverbänden beantragt werden, die zusammen 20 Prozent der Mitgliedschaft repräsentieren. Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz hätten für diesen Schritt plädiert, sagte WASG-Vorstandsmitglied Murat Cakir der taz. Diese Landesverbände stellen zusammen etwa 3.000 der bundesweit rund 12.000 WASG-Mitglieder. Damit wäre das Quorum theoretisch bereits erfüllt.

Bundesvorstand Klaus Ernst betrachtet eine Urabstimmung als Chance, die Dauerquerelen innerhalb der WASG um die Verschmelzung mit der Linkspartei zu beenden und die Fusionsgegner ins Abseits zu stellen. Diese könnten sich nach einer Basisentscheidung „überlegen, ob sie da noch mitmachen wollen“. Auch der Fusionsbeauftragte der Linkspartei, Bodo Ramelow, plädierte vor dem Krisengipfel der Schwesterpartei für diesen Weg.

Vor allem die WASG-Landesverbände Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern rebellieren seit Wochen offen gegen den Kurs der Parteispitze. Probleme gibt es auch in Bremen, Schleswig-Holstein und im Saarland. Ob eine Urabstimmung der richtige Weg ist, um die WASG aus der Krise zu führen – diese Frage ist auch in den Führungsetagen der Partei nicht unumstritten. „Persönlich bin ich da hin- und hergerissen“, räumte Bundesvorstandsmitglied Cakir schon vor der sonntäglichen Runde in Berlin ein. „Man muss sich ja erst mal klar werden: Über welche konkrete Fragestellung soll hier überhaupt abgestimmt werden?“ Auch Bundesvorstand Axel Troost aus Bremen sieht dies als entscheidenden Punkt. Man müsse sich überlegen, wie differenziert ein solches Basisvotum formuliert werden könne: „Man kann ja nicht über ein dreiseitiges Kooperationsabkommen abstimmen lassen.“ Der Landesvorstand in Bremen habe sich jedenfalls bereits gegen die Idee ausgesprochen. Und da ist er nicht der einzige.

Selbst wenn die Urabstimmung ein klares Meinungsbild der Basis ergeben und mittelfristig Ruhe in die WASG bringen sollte: Zunächst einmal sorgt der Vorstoß für zusätzlichen Ärger. Der Vorstand der Berliner WASG hat schon einen Beschluss gegen die Urabstimmung gefasst. Möglichen Sanktionen sieht er gelassen entgegen: „In unserer Partei“, prophezeit Vorstandsmitglied Lucy Redler, „können wir auf breite Unterstützung gegen administrative Maßnahmen von oben bauen.“