Genossenschaftsbanken spüren keine Krise

GELDGESCHÄFTE Die Volks- und Raiffeisenbanken konnten ihre Bilanzsumme im vergangenen Jahr steigern. Die Vorgabe, Gespräche zwischen Anlageberater und Kunde zu protokollieren, ist ihnen ein Dorn im Auge

FRANKFURT taz | Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat die lokal aufgestellten Volksbanken und Raiffeisenkassen in Deutschland im vergangenen Jahr nur marginal tangiert. Sie konnten sowohl bei den Kundeneinlagen als auch beim Kreditvergabevolumen ordentlich zulegen, wie der Präsident des Genossenschaftsverbands, Michael Bockelmann, am Montag stolz berichtete. Die Bilanzsumme der 324 Volksbanken und Raiffeisenkassen, die der Verband vertritt, stieg von durchschnittlich 500 Millionen Euro pro Institut im Geschäftsjahr 2008 noch einmal um 35 Millionen Euro. Insgesamt erwirtschafteten die im Verband organisierten Genossenschaftsbanken mehr als 173 Milliarden Euro, das entspricht einem Plus von 2,5 Prozent.

Den gewichtigsten Anteil daran hatten die Spar- und Sichteinlagen. Die Kunden der 324 Volksbanken und Raiffeisenkassen ließen im Krisenjahr 2009 insgesamt knapp 42 Milliarden Euro auf ihre Sparbücher und auf Festgeldkonten verbuchen, rund sechs Milliarden Euro mehr als noch im Vorjahr. Die Sichteinlagen – das ist sofort verfügbares Geld etwa auf Girokonten – erhöhten sich gar um 25,9 Prozent auf rund 59 Milliarden Euro. Und auch der Vorwurf, den die Politik gerade 2009 den Privatbanken in Deutschland machte, wonach aus Angst vor Risiken immer weniger Kredite vor allem an Nachfrager aus dem Mittelstand vergeben würden, trifft die Volksbanken und Raiffeisenkassen nicht. Sie schütteten Kredite in Höhe von knapp 100 Milliarden Euro aus, das sind rund drei Milliarden Euro mehr als noch im Jahr 2008.

Entsprechend selbstbewusst trat Verbandspräsident Bockelmann vor der Presse auf. Weitere staatliche Eingriffe in das Beratungswesen der Banken lehnte er strikt ab. Es wäre „besser, wenn sich unsere Anlageberater weniger mit Vorschriften und mehr mit den Kunden beschäftigen könnten“, giftete er in Richtung Politik. So müssten Anlageberater jetzt „mit großem Aufwand Beratungsprotokolle erstellen“, auch wenn der Kunde das gar nicht wünsche. Darüber, dass auch Kunden von Volksbanken wegen falscher – oder mangelhafter – Beratung viel Geld einbüßten, verlor Bockelmann kein Wort.

Der Konzentrationsprozess bei den Genossenschaftsbanken ist auch im vergangenen Jahr weiter vorangeschritten. Gab es 2005 noch 363 eigenständige Volksbanken und Raiffeisenkassen, so waren es Ende 2009 nur noch 324. Um den Kundenstamm weiter zu vergrößern, sollen die Banken und Kassen in ihren Filialen jetzt auch noch Poststellen und Kopierläden einrichten; entsprechende Pilotversuche laufen schon. Der Hähnchengrill gleich hinter der Hauptkasse ist allerdings noch Zukunftsmusik. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT