Fangt selber mit der Wende an!

ERFOLGSBEGEHREN

Jubel beim Energietisch: Rund 265.000 Menschen haben für das Volksbegehren unterschrieben. „Damit könnten Berliner im Herbst über ihren Strom-Versorger abstimmen“, vermeldete die B.Z. und bewies, dass selbst manche Journalisten das Thema nicht so ganz durchblicken.

Denn die B.Z. irrt: Schon jetzt können alle frei entscheiden, von wem sie ihren Strom kaufen wollen. Der Markt ist seit 1998 liberalisiert. Das Angebot ist riesig, es gibt über 300 Anbieter.

Die Materie des Volksbegehrens ist noch viel komplizierter. Wie viele UnterstützerInnen haben sich wohl durchgelesen, was genau der Energietisch fordert? Haben überlegt, ob sie sich engagieren würden als gewählte „Vertreter der Energieverbraucher“ in einem der Verwaltungsräte?

Die meisten dürfte eher ein Bauchgefühl getrieben haben: dass manche Dinge zu wichtig sind, um sie einem Privaten anzuvertrauen. Und dass öko super ist. Manch eine will vielleicht dem bösen Konzern aus Schweden einfach eins auswischen. Alles völlig nachvollziehbar.

Aber mit einem Ja-Kreuzchen beim Volksentscheid wird nicht plötzlich alles gut. Mit dem Betrieb des Stromnetzes kann man auf den streng regulierten Markt weniger Einfluss ausüben, als viele denken. Ein Ökostadtwerk kann zwar Landeseinrichtungen mit gutem Strom versorgen, Privatleute bleiben aber, so sie nicht aktiv werden, bei ihrem Anbieter. Und der heißt bei vier von fünf BerlinerInnen: Vattenfall.

Der Punkt ist: Wir alle können die Energiewende selbst vorantreiben: indem wir zu einem Anbieter wechseln, der echten Ökostrom liefert. Viel mehr als eine Unterschrift braucht es dafür auch nicht. Aber bislang hat das nicht einmal ein Prozent der BerlinerInnen getan. SEBASTIAN ERB