Sag mir, wo die Fantifa ist

LINKE BÜCHER IN KREUZBERG

Das Buch soll eine Lücke in der Geschichtsschreibung der linken Szene füllen

Etwas dazulernen ist ja immer gut. Auch wenn es an flauschigen Frühsommerabenden schwerer fällt, eine Veranstaltung zu besuchen, die der Mehrung des Wissens dienen soll. Das Thema am Donnerstagabend: die Fantifa. Richtig, mit „F“ vorne.

Im Tante Horst in Kreuzberg wurde ein Buch über diese feministischen und Frauen-Antifa-Gruppen vorgestellt, die sich vornehmlich in den frühen 90ern in Deutschland gründeten. Die Monografie „Fantifa“ ist kürzlich in der Edition Assemblage erschienen, zwei der HerausgeberInnen lasen daraus. Es war eine Art Präludium für die Linken Buchtage, die noch bis Sonntag im Mehringhof stattfinden.

Das Buch solle eine Lücke in der Geschichtsschreibung der linken Szene füllen, erklären die HerausgeberInnen. Denn: „Die Fantifa-Gruppen, wo sind die eigentlich hin?“, hätten sich manche gefragt, um festzustellen: Es gibt sie nicht mehr.

Gegründet hatten sie sich vor allem, um antisexistische Positionen in die Antifa-Arbeit einbringen zu können. Zum einen ging es darum, Mackerverhalten und Machismus in linken Gruppen zu thematisieren. Und dann auch um den damals – bisweilen noch heute – unterrepräsentierten Standpunkt, Frauen in nationalistischen und neonazistischen Kreisen als (Mit-)Täterinnen zu denken, was sich erst mit dem NSU langsam änderte. In mancher Hinsicht waren die Fantifa-Gruppen Vorreiterinnen. Das „Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus“ etwa gründete sich erst 2000.

Was noch im Rahmen der seminarartigen Lesung klar wird: Die Fantifa definierte sich zunächst in negativer Abgrenzung zu den Männern – dieser Aspekt wurde zu wenig historisiert. Dass es stattdessen heute etwa feministische All-Gender-Gruppen gibt, darf man auch einfach als Fortschritt sehen.

Am Spannendsten war ein Randaspekt: Von der Tunten-Terror-Tour, die einige Homo-Aktivisten 1993 durch die Republik unternahmen, war bis dato noch nicht so viel zu hören. Im Kampf gegen Homophobie und Sexismus setzten sie auf Sponti- und Spaßguerilla-Aktionen inklusive Sex-in vor einer katholischen Kirche. Mehr davon!

Mehr davon gilt übrigens auch für die Ausstellung, die derzeit noch im Tante Horst läuft. Darin setzt sich der Fotograf und Künstler Peter Schmidt mit Schauplätzen rechter Gewalt und dem Widerstand dagegen auseinander. Originalaufnahmen stellt er akribisch rekonstruierten Miniaturen gegenüber. Auch hier lernt man dazu. Oder ruft sich zumindest etwas in Erinnerung. JENS UTHOFF