In Mali und Niedersachsen

Die Landesregierung in Hannover macht den Weg für die deutsche Ratifizierung der Anti-Folter-Konvention der UN frei. Davor hatte sie das Zeichen gegen Quälerei für zu bürokratisch gehalten

von Kai Schöneberg

Mali hat unterschrieben, Kambodscha hat unterschrieben. Weltweit 49 Staaten haben das UN-Protokoll zur Einrichtung unabhängiger Gremien zur Kontrolle von Folter in Gefängnissen, Abschiebeeinrichtungen oder psychiatrischen Einrichtungen unterzeichnet. Nur Deutschland humpelt mal wieder hinterher. Der Grund: Kleinstaaterei.

Neben Sachsen und Sachen-Anhalt hatte auch das CDU-regierte Niedersachsen ein Jahr lang die Unterschrift unter die Anti-Folter-Konvention der UN, das so genannte Fakultativprotokoll aus dem Dezember 2002 blockiert. Da in Deutschland die Justiz Sache der Länder ist, müssen diese zustimmen, bevor der Bundestag das Protokoll ratifizieren kann. Schließlich hat die Unterzeichnung finanzielle Konsequenzen: Es geht um 200.000 Euro jährlich, die die Einrichtung einer nationalen Kommission bei der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden kostet, die durch Kontrollen und Beratungen für menschenwürdige Unterbringung in Gefängnissen sorgen soll. Folter ist auch in Deutschland nicht unbekannt: So war der frühere Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner verurteilt, aber nicht bestraft worden, weil er vor vier Jahren die Anweisung gab, aus einem festgenommenen Entführer den Aufenthaltsort eines Elfjährigen herauszupressen.

Dennoch hatte sich Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) lange gesträubt: Obwohl der Landtag im Mai beschlossen hatte, „aktiv auf ein zügiges Einvernehmen mit der Bundesregierung und den Bundesländern mit dem Ziel einer schnellen Unterzeichnung und Ratifizierung des Zusatzprotokolls hinzuarbeiten“, hielt Heister-Neumann das Kontrollgremium für zu bürokratisch und zu teuer. Es gebe bereits Anstaltsbeiräte, Kontrollen durch unabhängige Strafvollstreckungskammern und parlamentarische Ausschüsse auf Landes- und EU-Ebene.

Das Ganze roch ihr wohl auch zu verdächtig nach einem rot-grünen Projekt. Aber nun regiert Schwarz-Rot in Berlin. Nach einem flehentlichen Brief von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), in dem sie ankündigt, dass die Kommission im Jahr höchstens „zehn Reisen in Gewahrsamseinrichtungen unternehmen“ werde, zeichnet sich nun ein Einlenken ab. SPD wie Grüne sind über das Zaudern empört. „Peinlich und schäbig“ sei, dass Heister-Neumann ein „deutliches Zeichen gegen Folter verzögert und mit fragwürdigen Argumenten blockiert“ habe, so der Grüne Ralf Briese.

Abschließend ist allerdings immer noch nicht klar, ob Niedersachsen tatsächlich ein Zeichen gegen Menschenquälerei setzen wird. Laut Landtagsbeschluss sollen nämlich „keine Kosten“ für das Land entstehen. Da die Kosten für die Länderkommission auf alle 16 Bundesländer verteilt werden, wären das für Niedersachsen knapp 20.000 Euro. Das weiß auch Heister-Neumanns Sprecherin Jutta Rosendahl: „Ob man diese Kosten unter dem Landtagsbeschluss subsumieren kann oder ob es eines neuen Beschlusses bedarf, ist noch abzuwarten“.